Die Organisation steckt in finanziellen Nöten
Konsumentenforum wollte politische Mitsprache verkaufen

Wer eine «Gönner-Mitgliedschaft» abschliesst, könne auch politische Vernehmlassungen verfassen. So wollte die Konsumentenorganisation politische Mitsprache gegen Geld verkaufen. Jetzt macht sie einen Rückzieher.
Publiziert: 01.07.2018 um 10:24 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2018 um 20:13 Uhr
Moritz Kaufmann

Die Mission tönt sympathisch. Für selbstbestimmte Konsumenten will sich das Konsumentenforum (KF) einsetzen. Ein Gegengewicht stellen zur Konkurrenzorganisation Konsumentenschutz. Diese steht der SP nahe und tritt gerne laut und marktschreierisch auf.

Doch stehen beim KF wirklich die Konsumenten im Zentrum? Ein internes Papier, das SonntagsBlick vorliegt, deutet in eine ganz andere Richtung. Anfang Jahr wurde das Schreiben an Firmen und andere mögliche Geldgeber verschickt. Das Angebot: Wer eine «Gönner-Mitgliedschaft» abschliesst, darf «bis zu vier politische Vernehmlassungen pro Jahr mit dem Konsumentenforum verfassen». Kostenpunkt: 5000 Franken.

Vernehmlassungen sind die Herzklappen der schweizerischen direkten Demokratie. Bevor Verwaltung und Politik über ein Gesetz befinden, holen sie sich ein Feedback bei den Betroffenen ein. Die Rückmeldungen von Organisationen, Firmen und sonstigen Experten haben oft entscheidenden Einfluss auf den Gesetzestext. So wird sichergestellt, dass die neuen Bestimmungen auch wirklich breite Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Das Konsumentenforum hat laut eigenen Angaben letztes Jahr sieben Vernehmlassungsantworten eingereicht – «basierend auf unserer Agenda für eine liberale Konsumentenpolitik».

«Zu jeder Zeit unabhängig in seiner Positionsfassung»

Die brisante Verdacht: Das Konsumentenforum hat seine Meinung verkauft! Konnten Firmen – getarnt durch eine Konsumentenorganisation – ihre Interessen in die Politik einbringen? Babette Sigg (55) – gleichzeitig Präsidentin und Geschäftsführerin des KF – bestreitet das. «Das Konsumentenforum ist und war zu jeder Zeit unabhängig in seiner Positionsfassung.»

Das Papier sei letztes Jahr im Zuge der Finanzstrategie entwickelt worden. Die Idee sei gewesen, dass die Gönner «ihre Kampagnen einem Realitäts-Check aus Konsumentensicht unterziehen können». Das Papier sei laut Sigg ohnehin nicht mehr aktuell. «Der Vorstand hat schnell gemerkt, dass wir damit falsche Erwartungen wecken und missverstanden werden könnten.»

So klar ist die Sache allerdings nicht. So war es beispielsweise nicht der Vorstand, bei dem Einsicht eingekehrt ist. Vor ein paar Wochen traf sich der sogenannte Expertenbeirat des Konsumentenforums. Diesem gehören Fachleute aus den unterschiedlichsten Disziplinen an – Recht, Service public, Energie, Lebensmittel und so weiter. Eine anwesende Person sagt gegenüber SonntagsBlick, dass das fragwürdige Papier von den Experten verrissen wurde. Es müsse dringend überarbeitet werden. «Eine neue Version habe ich bisher aber nicht gesehen», sagt der Insider zu SonntagsBlick.

Das Konsumentenforum ist nahezu pleite

Laut einem Bericht der «Basler Zeitung» vom Mittwoch sind die Reserven der Organisation fast aufgebraucht, die letzte Jahresrechnung schloss mit einem Verlust. Ein weiterer Insider bestätigt das dem SonntagsBlick. Babette Sigg sagt: «Dank unseres grossen Efforts konnten wir die Mitgliederbasis verbreitern und dieses Jahr seit langem wieder schwarze Zahlen schreiben.» Die Finanzierung bleibe jedoch eine Herausforderung. Deshalb will Sigg auch in Zukunft auf Gönner setzen. Auf die Frage, wie viele Gönner das KF denn habe, antwortet sie: «Noch viel zu wenige!»

Babette Sigg – die auch Präsidentin der CVP Frauen ist – gilt intern als umstritten. Um ihre Position muss sie sich aber keine Sorgen machen. Am letzten Donnerstagmorgen fand die Generalversammlung des KF im Bundeshaus statt. Sigg wurde wiedergewählt.

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