Die Anleger haben sich verzockt. Sie hatten sich an Buchmachern und Umfrageinstituten orientiert, die einen Brexit für weniger wahrscheinlich als einen Verbleib der Briten in der EU hielten.
Am Donnerstag stimmte eine Mehrheit der Briten für einen EU-Austritt. Angst verbreitete sich, rasch verkauften die Anleger ihre Aktien – die Börsen stürzten ab.
Europaweit wurde die Finanzbranche auf dem falschen Fuss erwischt: Der europäische Banken-Index hatte am Freitag mit einem Minus von knapp 15 Prozent so viel an einem Tag verloren wie noch nie zuvor. Am Montag dann fiel der Titel um weitere sechs Prozent auf ein Vier-Jahres-Tief von 121,29 Punkten. Deutsche Bank verloren zeitweise acht Prozent auf 12,30 Euro.
Historischer Tiefstwert bei der Credit Suisse
Auch in der Schweiz spüren Finanzinstitute Unsicherheit bei den Anlegern. Die UBS-Aktie rauschte am Freitagmorgen um 4,5 Prozent nach unten. Die Bank Julius Bär verlor 4,8 Prozent.
Besonders heftig kam die Credit Suisse ins Taumeln. Am Montag fielen die Anteile der Grossbank überdurchschnittlich stark und erreichten ein Rekordtief von 10,26 Franken.
Die Credit Suisse wird unter CEO Tidjane Thiam (53) heftig durchgeschüttelt. Bereits Mitte Juni fiel die CS-Aktie auf einen historischen Tiefstwert. Die Bank war an der Börse gerade noch rund 23 Milliarden Franken wert – zum Vergleich: Im Jahr zuvor war die Bank es noch doppelt so viel wert. Die US-Investmentgesellschaft Harris Associates, die mit 8,5 Prozent die zweitgrösste Eigentümerin der CS ist, äussert bereits Kritik an Thiams Führungsstil.
Der SMI steigt wieder
Zum Glück erscheint ein kleiner Silberstreifen am Horizont: Nach dem gestrigen Tiefstwert stieg die CS-Aktie heute im frühen Handel um über 2,5 Prozent. Auch die Kurse von UBS und Julius Bär tendieren wieder nach oben.
Beim Swiss Market Index - SMI - welcher die zwanzig grössten an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen umfasst, sieht es ebenfalls besser aus. Vorbörslich stand der SMI am heutigen Dienstag um 1,1 Prozent höher, im frühen Handel notierte er um 1,8 Prozent mehr als gestern noch.
Am ersten Tag nach dem Brexit-Referendum war der SMI noch unter die 8000er Marke gefallen. Der Verlust betrug am Tag nach dem Referendum rund fünf Prozent – der stärkste Einbruch seit Januar 2015, nachdem die Schweizerische Nationalbank die Anbindung an den Euro aufhob. Am Montag schloss der SMI noch einmal um knapp 150 Zähler tiefer.
Das Pfund erholt sich nach dem Brexit
Doch nachdem die Börsen sich am Brexit vorerst verschluckt hatten, tritt jetzt die Verdauung ein. Nicht nur in Schweiz, auch in Asien: Der Nikkei-Index in Tokio ging mit einem leichten Plus von 0,1 Prozent bei 15'323 Punkten auf den Dienstag aus dem Handel. Auch in Shanghai legte die Börse leicht zu. Der MSCI-Index für asiatische Aktien ausserhalb Japans notierte rund 0,3 Prozent höher.
Auch der Absturz des Pfund Sterling ist vorerst gestoppt. Am Tag fünf nach dem Brexit-Referendum verteuerte es sich am Dienstag um 0,7 Prozent auf 1,3305 Dollar. Am Freitag und Montag war es allerdings um insgesamt mehr als zehn Prozent abgestürzt und war mit 1,3118 Dollar zeitweise so billig wie zuletzt 1985. Der Euro zeigte sich im fernöstlichen Handel etwas fester und wurde mit 1,1065 Dollar bewertet. (grv/sda)