Der Boom ist vorbei
Brexit-Angst sorgt für Wohnungsleerstand in London

Der Leerstand von Wohneigentum in London ist auf Rekordhoch. Die Zahl neuer und unverkaufter Wohnungen stieg dieses Jahr um fast 50 Prozent.
Publiziert: 29.11.2018 um 17:23 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2019 um 15:40 Uhr
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Der Brexit kommt immer näher. Das macht dem Londoner Immobilienmarkt zu schaffen.
Foto: KEYSTONE/EPA
Maren Meyer

Die Boom-Jahre auf dem Londoner Immobilienmarkt sind vorbei. Die Gründe dafür sind vielfältig. Doch der nahende Brexit hat das Land in Unsicherheit versetzt, vor allem ausländische Investoren sind in Habachtstellung. Das hat Auswirkungen auf den überhitzen Immobilienmarkt: Luxuswohnungen bleiben leer, die Preise sinken – das erste Mal in sieben Jahren.

Im Schnitt sind die Angebotspreise für Wohneigentum in ganz Grossbritannien um 0,2 Prozent gesunken. Stärker betroffen ist das Zentrum Londons: Hier lag die Korrektur bei 6,9 Prozent.

Das schwache Pfund heizte den Immobilienmarkt an

Es gäbe auch mehr Gründe als nur den Brexit für die aktuelle Lage, sagt Richard Donnell, Insight-Direktor bei der Immobilienanalysefirma Hometrack. Dank des schwachen Pfunds floss bis 2014 viel Geld nach London und in den dortigen Immobilienmarkt.

Der Markt war so überhitzt, dass die Regierung Steuerregulierungen einführte, die besonders ausländische Investoren betrafen. «Das entschleunigte das Preiswachstum», erklärt Donnell. Der anstehende Brexit schüre die Unsicherheit am Markt und trage so zur Entwicklung bei.

Leerstand so hoch wie nie

Der Leerstand bei Wohneigentum in Londoner Randregionen hat sich seit 2017 fast verdoppelt – und ist so hoch wie nie! Ende September zählte die Immobilienberatungsfirma Molior 2374 leere Wohnungen. Zum Vergleich: Ende 2017 waren es noch 1595. 

Zu den besonders betroffenen Teilen gehören Wandsworth im Süden der Stadt, Croyden und Hammersmith and Fulham in West-London. Auch die Stadtteile Camden, Westminster und Kensington and Chelsea sind betroffen.

Viele Apartments würden von Leuten gekauft, die diese nicht selber nutzten, sondern vermieten wollten, sagt Donnell. «Kein Immobilienbesitzer will Leerstand. Natürlich wollen sie die Preise nicht senken, werden es längerfristig aber müssen.» Würde sich der Brexit dazu noch gut entwickeln, sieht der Experte auf lange Sicht keine wachsenden Probleme für den Immobilienmarkt.

Luxus-Apartments bleiben leer

Die Schweiz hat ihre Geistersiedlungen, London seine «ghost towers», neugebaute Wohnkomplexe, erstellt für reiche, ausländische Investoren, die auch durch das Brexit-Debakel das Interesse verloren haben.

Die Luxus-Apartments stehen leer und werden auch in den kommenden drei Jahren wohl keine Abnehmer finden, schreibt der «Guardian». Insgesamt suchten rund 14'000 Apartments im oberen Preissegment einen Käufer.

In den kommenden Jahren wird fleissig weiter gebaut: Insgesamt stünden 420 Projekte in der Pipeline, schreibt die Zeitung. Diese umfassten nicht weniger als 20 Stockwerke.

Der Brexit und die Luxussteuer

«Die aktuelle Situation alleine am Brexit festzumachen, ist heikel», sagt Claudio Saputelli, Leiter Immobilienresearch der UBS. Die Preiskorrekturen bei Wohnungen lägen letztes Jahr bei rund 5 Prozent.

Die Gründe für die sinkende Preise am Londoner Immobilienmarkt nur dem Brexit anzulasten, sei allerdings falsch. «Der Markt befand sich auf einem extrem hohen Preisniveau, eine Korrektur war abzusehen», erklärt der Experte.

Zudem griff die Regierung mit Regulierungsmassnahmen, wie zum Beispiel die der Steuer beim Erwerb von Luxusimmobilien, ein. Das zügelt die Kaufwut besonders bei ausländischen Investoren.

Dennoch: Die Unsicherheit, die das Land seit dem Referendum in Schockstarre versetzt, bremst die Nachfrage ausserdem. «Im Segment der Luxusapartments erwarten wir in den kommenden Monaten keine nennenswerte Erholung der Immobilienpreise», prognostiziert Saputelli.

London bleibt ein teures Pflaster: Für den Kauf einer 60 Quadratmeter-Wohnung in der City müssen in der Regel rund 15 Jahreseinkommen investiert werden. Zum Vergleich: In Zürich sind es rund sieben.

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