Der Aktionärsmoralist leistet sich Filz in eigener Firma
Jetzt spricht Biedermann über sein Ethos-Problem

Dominique Biedermann, Gründer und Herrscher über die Anlagestiftung Ethos, klammert sich an die Macht. Doch ausserhalb seiner Organisation hat er kaum mehr Fürsprecher.
Publiziert: 14.12.2017 um 09:53 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:02 Uhr
Da war noch alles gut: Dominique Biedermann war sogar für den Swiss Award 2013 nominiert. Hier posiert er mit Frau Yola an der Preisverleihung.
Foto: Fabienne Bühler
Sven Zaugg und Konrad Staehelin

Früher sägte er am Stuhl von Star-Managern, jetzt wackelt sein eigener Sessel: Mit seiner Anlagestiftung Ethos, die er 1997 gründete, ist Dominique Biedermann (59) zum Chef-Schreck der Nation aufgestiegen. Als Vertreter von Aktionären mit einem Vermögen von total 230 Milliarden Franken mussten die Chefs vor ihm zittern. Biedermann prangert Boni-Irrsinn, Intransparenz und Machtkonzentration an. 

Doch jetzt steht Biedermann selber in der Kritik. Zwei Verwaltungsrätinnen haben Ethos mit einem Knall verlassen. Françoise Bruderer, Geschäftsführerin der Pensionskasse Post, und die Juristin Monika Roth werfen Biedermann vor, er verstosse im eigenen Reich gegen die Regeln, die er von anderen einfordere.

«Führungsprinzipien über Bord»

Die Gründe: Biedermann ist seit 2015 nicht mehr CEO, sondern Präsident des Stiftungs- und gleichzeitig auch des Verwaltungsrates. Für solche Doppelmandate stellt Ethos andere Firmen an den Pranger. «Biedermann wirft damit seine eigenen Führungsprinzipien über Bord», sagt Bruderer.

Als BLICK Biedermann gestern Abend am Telefon erreicht, widerspricht er dem Vorwurf der Machtkonzentration. Die beiden Mandate seien bei unterschiedlichen Rechtskörpern unter dem Ethos-Dach. «Das hat nichts miteinander zu tun.»

Dominique Biedermann im September 2016 in Zèrich
Foto: Keystone/Walter Bieri

Schwerer noch jedoch wiegt der Vorwurf des Interessenkonflikts: Biedermann beaufsichtigt den neuen CEO Vincent Kaufmann (37). Dieser ist der Chef von Biedermanns Ehefrau Yola. Sie führt die Abteilung Corporate Governance. Also jene Truppe, die Interessenkonflikte bei börsenkotierten Unternehmen aufspürt.

Biedermann dazu: «Sie rapportiert an den CEO, dieser an den Vizepräsidenten des Verwaltungsrats. Ich trete jeweils in den Ausstand.» Das funktioniere seit Jahren sehr gut.

Ist der Fall bald Juristenfutter?

Sie habe Dominique Biedermann während Jahren auf das Problem hingewiesen, sagt Bruderer. «Herr Biedermann liess aber nicht mit sich reden und verzögerte die Nachfolgeplanung.» Am Dienstag vor einer Woche sei die Lage eskaliert, als sie Biedermann aufforderte, an der nächsten Generalversammlung freiwillig zurückzutreten, so Bruderer.

«Ich verstehe die Kritik von Frau Roth und Frau Bruderer nicht», entgegnet Biedermann. «Wir können diese Anschuldigungen nicht akzeptieren.» Er kläre darum ab, ob er juristische Schritte gegen die beiden einleiten wolle.

Roth und Bruderer sind mit ihrer Kritik jedoch nicht allein: Auch der Ex-Wirtschaftsprofessor Martin Janssen (69) fordert Biedermann zum Rücktritt auf. «In der heutigen personellen Zusammensetzung kann die Stiftung Ethos die Aktionärsinteressen nicht mehr glaubwürdig vertreten. Er hat sich in beide Beine geschossen.»

Und nicht nur das: Auch die Aktionärsvereinigung Actares, die ähnliche Anliegen wie Ethos vertritt, ist besorgt. Ehrenpräsident Rudolf Meyer (67): «Die Probleme bei Ethos könnten unseren Anliegen schaden.»

Räumen Sie auf, Herr Biedermann!

Kommentar von Wirtschafts-Redaktor Sven Zaugg

Dominique Biedermann kämpft seit Jahr und Tag gegen Verfilzung in börsenkotierten Unternehmen. Gibt sich als Robin Hood der kleinen Aktionäre. Machtkonzentrationen, überrissene Saläre, Kungelei – Biedermann entgeht nichts.

Jetzt zeigt sich: In der eigenen Stiftung toleriert Biedermann, was er anderen vorwirft. Er präsidiert Stiftungs- und Verwaltungsrat bei Ethos. Quasi ein Doppelmandat. Seine Frau sitzt in der Geschäftsleitung. Verfilzung. Dies bewog zwei prominente Spitzenleute, Ethos unter Protest zu verlassen.

Und was sagt Biedermann? Zuerst nichts. Interviews lehnte er ab. Über eine PR-Agentur liess er verlauten: «Es ist alles gesagt.» Am späten Abend meldet sich Biedermann dann doch. Die Anschuldigungen seien unhaltbar. Er verstehe die Kritik nicht.

Mit Verlaub: Das ist zu wenig. Zweifel bleiben. Biedermann muss den eigenen Laden aufräumen. Denn die Schweizer Wirtschaft braucht ihn weiterhin.

Sven Zaugg

Kommentar von Wirtschafts-Redaktor Sven Zaugg

Dominique Biedermann kämpft seit Jahr und Tag gegen Verfilzung in börsenkotierten Unternehmen. Gibt sich als Robin Hood der kleinen Aktionäre. Machtkonzentrationen, überrissene Saläre, Kungelei – Biedermann entgeht nichts.

Jetzt zeigt sich: In der eigenen Stiftung toleriert Biedermann, was er anderen vorwirft. Er präsidiert Stiftungs- und Verwaltungsrat bei Ethos. Quasi ein Doppelmandat. Seine Frau sitzt in der Geschäftsleitung. Verfilzung. Dies bewog zwei prominente Spitzenleute, Ethos unter Protest zu verlassen.

Und was sagt Biedermann? Zuerst nichts. Interviews lehnte er ab. Über eine PR-Agentur liess er verlauten: «Es ist alles gesagt.» Am späten Abend meldet sich Biedermann dann doch. Die Anschuldigungen seien unhaltbar. Er verstehe die Kritik nicht.

Mit Verlaub: Das ist zu wenig. Zweifel bleiben. Biedermann muss den eigenen Laden aufräumen. Denn die Schweizer Wirtschaft braucht ihn weiterhin.

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