Das Ende von Air Berlin
Vom siebten Himmel in die Hölle

Zum letzten Mal war gestern ein Flieger der Air Berlin in der Luft – es ist das Ende einer verrückten Airline. Sie starb an der Grossmannssucht ihres Gründers.
Publiziert: 27.10.2017 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:23 Uhr
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Am Freitagabend hob in Zürich-Kloten der letzte Air-Berlin-Flug aus der Schweiz ab.
Foto: Siggi Bucher
René Lüchinger

Nirgends liegen Himmel und Hölle so nah beieinander wie beim Fliegen. Und es gibt wohl keine Airline, die mit diesen beiden Extremen mehr Erfahrungen gesammelt hat als die nun verblichene Air Berlin. Sie wurde nur 39 Jahre alt.

Ihr Gründer kam aus der Hölle und wollte wieder in den Himmel aufsteigen: Der Pilot Kim Lundgren hatte gerade seinen Job bei der amerikanischen Panam verloren, weil die Scheichs in den 1970er-Jahren die Fördermengen verknappt und damit den Ölpreis in astronomische Höhen gedrückt hatten. Weil Lundgren wieder fliegen wollte, gründete er 1978 in den USA die Chartergesellschaft Air Berlin Inc., die von der geteilten Stadt deutsche Urlauber an deren liebste Destination flog: nach Palma de Mallorca. Der Gründer muss sich wie im siebten Himmel gefühlt haben. Da nach dem Viermächtestatus nur Alliierte die ehemalige Reichshauptstadt anfliegen durften, hatte er keine Konkurrenz.

Haudegen, Himmelsstürmer, Hitzkopf

Dieses Eldorado währte bis zur deutschen Wiedervereinigung. Dann erlosch die alliierte Lufthoheit über Berlin, und für Gründer Lundgren hätte das wieder Hölle bedeuten können. Um ihr zu entgehen, bandelte er mit Joachim Hunold an, einem verhinderten Piloten, einem Haudegen, der Gewerkschafter ebenso hasste wie kreditgebende Banker in Nadelstreifenanzügen. Ein Himmelsstürmer war er, beseelt von Geltungsdrang. Allen wollte er zeigen, wie man eine Grossairline aus dem Boden stampft. Mit diesem Hitzkopf als neuem Mehrheitseigner gründete Lundgren eine neue Air Berlin, diesmal in Berlin.

Und dann ging die Post ab! Zu Tausenden karrte Hunold deutsche Pauschalurlauber ans Mittelmeer. 1998 startete von Berlin, Düsseldorf und Paderborn ein täglicher «Mallorca-Shuttle», der die Airline innert Kürze zum Marktführer am Ballermann machte. Ganz nebenbei bedeutete dies den Einstieg der Chartergesellschaft in den Linienverkehr, und vier Jahre später war Air Berlin mit ihren «City Shuttle»-Verbindungen zu europäischen Metropolen auch ein Low-Cost-Carrier.

Luxus und Geiz fliegen zusammen

Es war, als wollte der Kapitän der Firma alle ehernen Gesetze der Luftfahrt ausser Kraft setzen, indem er Luxus- und Geizairline unter einem Dach vereinigte. Er kaufte alles auf, was ihm vor die Flinte kam: eine Beteiligung an der österreichischen Niki ebenso wie die Deutsche BA mit ihrem innerdeutschen Streckennetz, schliesslich sogar die im Langstreckengeschäft tätige traditionsreiche LTU.

Ob Kurz- oder Langstrecke, Air Berlin flog einfach alles, und dies mit einem Sammelsurium an Flugzeugtypen. Hemdsärmeligkeit herrschte auch im Innern der Firma. Zuoberst thronte der Patron Hunold. Gewerkschafter hielt er fern, solange es irgendwie ging, und als Flugbegleiterinnen stellte er mit Vorliebe Coiffeusen an, weil diese das Rackern zum Billiglohn im Blut hätten.

Hunold schiesst den Vogel ab

Doch wie einst Ikarus kam Hunold in seiner Sucht nach Grösse der Sonne zu nahe: Die Verluste häuften sich, 2011 musste er den Hut nehmen. Geldgeber wie zuletzt die Scheich-Airline Etihad suchten das Weite. Und nun ist der Vogel Air Berlin endgültig vom Himmel gefallen.

Tickets werden teurer

Das Aus von Air Berlin verknappt das Angebot an Flügen. Darum steigen die Preise. Bereits in den letzten Wochen buchten viele Kunden bei der Konkurrenz. So konnte die Lufthansa dank höherer Preise den Umsatz im dritten Quartal steigern.

Auch beim Tochterkonzern Swiss könnten einige Linien teurer werden. Stärker nachgefragt würden Berlin und Düsseldorf, heisst es auf Anfrage. Angaben zu Preisen macht Swiss nicht, teilt nur trocken mit: «Die Preise richten sich nach Angebot und Nachfrage.»

Das Aus von Air Berlin verknappt das Angebot an Flügen. Darum steigen die Preise. Bereits in den letzten Wochen buchten viele Kunden bei der Konkurrenz. So konnte die Lufthansa dank höherer Preise den Umsatz im dritten Quartal steigern.

Auch beim Tochterkonzern Swiss könnten einige Linien teurer werden. Stärker nachgefragt würden Berlin und Düsseldorf, heisst es auf Anfrage. Angaben zu Preisen macht Swiss nicht, teilt nur trocken mit: «Die Preise richten sich nach Angebot und Nachfrage.»

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