«Wir wohnen hier seit 1982»
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Brunaupark wird abgerissen:«Wir wohnen hier seit 1982»

CS-Pensionskasse will 240 Wohnungen abreissen
Mieter kämpfen gegen Grossbank

Internationale Unterstützung für die Mieter im Zürcher Brunaupark: Leilani Farha, UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Wohnen, kämpft vor Ort mit den Betroffenen gegen den Rauswurf aus der Grossüberbauung der Credit-Suisse-Pensionskasse.
Publiziert: 24.06.2019 um 23:43 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:05 Uhr
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Hier wird bald abgerissen: 240 Wohnungen in der Zürcher Grossüberbauung Brunaupark werden durch 500 neue ersetzt.
Foto: Keystone
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Hunderte Mieter in der Zürcher Grossüberbauung Brunaupark sind verzweifelt. Sie haben die Kündigung erhalten, müssen die Wohnungen verlassen, die zum Teil seit Jahrzehnten ihr Zuhause waren. Zum Beispiel die Familie Bollag. «Wir wohnen seit 1982 hier in der Brunau», klagt Rafael Bollag (70). «Es tut weh, dass wir hier rausmüssen.»

Auf dem Grossareal Brunaupark in der Nähe des Shoppingcenters Sihlcity wiederholt sich ein Muster, wie es in der Schweiz immer häufiger anzutreffen ist: Ein grosser Immobilienbesitzer oder Investor beschliesst, eine ganze Überbauung abzureissen und an gleicher Stelle eine neue, verdichtete Siedlung zu errichten. Im Fall des Brunauparks ist es die Pensionskasse der Grossbank Credit Suisse (CS), die hier mit grosser Kelle anrühren will.

Bekannt wurden erste Pläne Ende 2018, im Frühling 2019 erfolgten die ersten Kündigungen. Im Moment läuft das Baugesuch, der Start der Arbeiten für die erste Bauphase sei für 2020 geplant, so die CS-Pensionskasse auf Anfrage. Immerhin: Für Mieter über 65 Jahren gibt es eine spezielle Beratungsstelle, um diese bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Für diese Gruppe von Mietern hätten bereits zwei Informationsanlässe stattgefunden, schreibt die Vermieterin auf Anfrage.

Zudem hilft die Pensionskasse der CS auch allen übrigen Mietern aktiv bei der Wohnungssuche. Konkret mit Hilfe im Bewerbungsprozess, einer verkürzten Kündigungsfrist sowie der Möglich für eine persönliche Beratung.

«Schwer, etwas Gleichwertiges zu finden»

So sehen die Pläne aus: 240 bestehende Wohnungen werden abgerissen, 500 neue Einheiten entstehen. Betroffen sind rund 400 Bewohnerinnen und Bewohner, die nun eine neue Bleibe finden müssen. Keine einfache Sache: «Es wird für uns wie für all die anderen sehr schwer, etwas Gleichwertiges zu finden», erklärt Bollag. Das Problem: Die neuen Wohnungen dürften rund 1000 Franken teurer sein. Familie Bollag ist es wichtig, dass sie in der Nähe ihrer Synagoge bleiben kann.

Die Mieter wehren sich gegen die Kündigungen, gehen auf die Barrikaden – und bekommen nun sogar internationale Unterstützung. Juristin Leilani Farha (50), UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf angemessenes Wohnen, liess sich am Freitagabend das gesamte Brunau-Areal inklusive Coiffeurladen, mehrstöckigem Migros-Supermarkt und Apotheke zeigen. BLICK war dabei, als Farha mit betroffenen Mietern sprach. «Das ist doch verrückt», regt sich die Kanadierin auf. «Hier werden intakte Häuser, die vor ein paar Jahren noch neue Küchen und Bäder erhalten haben, einfach abgerissen.»

Ausgerechnet eine Pensionskasse

Besonders stört es sie, dass ausgerechnet eine Pensionskasse hier in grossem Stil die Bagger auffahren lässt. «Das ist schon beängstigend.» Dazu schreibt die Pensionskasse der CS: «Um Renten zahlen zu können, muss jede Pensionskasse ausreichende Erträge erwirtschaften.» Dazu gehörten Investitionen in verschiedene Anlagen, darunter auch Immobilien.

Farha lässt sich davon nicht besänftigen. Sie will an höchster Stelle intervenieren: «Ich überlege mir, in einem Schreiben an die Schweizer und an die Zürcher Regierung meine Besorgnis darüber auszudrücken, dass hier die internationalen Standards für Menschenrechte in keiner Art und Weise eingehalten werden.»

Einer, der sich durch alle Instanzen wehren wird, ist der ehemalige Zürcher Finanzvorsteher Willy Küng (77). Er ist zuversichtlich, dass er noch lange in seiner Wohnung bleiben kann. «Diese Planung wird sowieso scheitern», sagt Küng. Aus rechtlichen Gründen, aber auch wegen der vielen Einsprachen aus der Nachbarschaft. «Wir werden warten, bis der CS die ganze Sache verleidet», gibt sich der alt Stadtrat siegessicher.

Einer der Betroffenen hat schon gewonnen: Orhan Sylqevci (37), Besitzer des Coiffeurladens im Brunaupark. Noch am Freitag war er verzweifelt, wusste nicht, wie er die 35'000 Franken, die er vor drei Jahren in seinen Laden investiert hatte, jemals wieder herausholen wird. Doch seit gestern hat er Grund zum Feiern: Überraschend fand er ein neues Ladenlokal an bester Lage in der Zürcher Innenstadt.

Auch hier werden langjährige Mieter rausgedrängt

Es läuft meist so: Investmentfirmen oder Pensionskassen kaufen angejahrte Siedlungen und Wohnblocks auf. Die Gebäude werden abgerissen oder saniert. Langjährige Mieter werden rausgedrängt, wie aus der Zürcher Brunau-Siedlung. Sanierungen treiben auch im Zürcher Seefeld die Mietzinse ins Unbezahlbare. 2017 kündigte die Pensionskasse der Zürcher Kantonalbank 33 Mietern an der Zollikerstrasse, um die Liegenschaft zu renovieren. Damals lagen die Mieten zwischen 1500 und 2000 Franken. Ab Juli werden die Wohnungen neu vermietet – die meisten kosten jetzt um die 4000 Franken. Anfang Juni berichtete BLICK von Sabrina Müller* (52, Bild), die 21 Jahre in der Siedlung wohnte und dann rausmusste. Unterstützung bei der Wohnungssuche habe sie kaum erhalten. Heute lebt sie ausserhalb von Zürich – eine Wohnung in der Stadt kann sie sich nicht mehr leisten. Sie sagt: «Ich fühle mich entwurzelt.» Auch den Bewohnern einer Siedlung in Regensdorf ZH wurde gekündigt, da die Überbauung im Herbst abgerissen wird. Danach wird neu gebaut, die Mieten steigen. * Name geändert Maren Meyer

Es läuft meist so: Investmentfirmen oder Pensionskassen kaufen angejahrte Siedlungen und Wohnblocks auf. Die Gebäude werden abgerissen oder saniert. Langjährige Mieter werden rausgedrängt, wie aus der Zürcher Brunau-Siedlung. Sanierungen treiben auch im Zürcher Seefeld die Mietzinse ins Unbezahlbare. 2017 kündigte die Pensionskasse der Zürcher Kantonalbank 33 Mietern an der Zollikerstrasse, um die Liegenschaft zu renovieren. Damals lagen die Mieten zwischen 1500 und 2000 Franken. Ab Juli werden die Wohnungen neu vermietet – die meisten kosten jetzt um die 4000 Franken. Anfang Juni berichtete BLICK von Sabrina Müller* (52, Bild), die 21 Jahre in der Siedlung wohnte und dann rausmusste. Unterstützung bei der Wohnungssuche habe sie kaum erhalten. Heute lebt sie ausserhalb von Zürich – eine Wohnung in der Stadt kann sie sich nicht mehr leisten. Sie sagt: «Ich fühle mich entwurzelt.» Auch den Bewohnern einer Siedlung in Regensdorf ZH wurde gekündigt, da die Überbauung im Herbst abgerissen wird. Danach wird neu gebaut, die Mieten steigen. * Name geändert Maren Meyer

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