Coop ist in Festlaune. Der Grossverteiler feiert Bio-Jubiläum: 25 Jahre Naturaplan. Mit diesem Sortiment setzte Chef Joos Sutter (53) im letzten Jahr 1,4 Milliarden Franken um. Der Gesamtumsatz Detailhandel beträgt 17,4 Milliarden Franken. Unter dem Strich verdiente Coop 485 Millionen. Das ist ein Plus von 10 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Gerne hätte Sutter den Preisstreit mit Marken-Hersteller Nestlé an der heutigen Medienkonferenz unter dem Deckel gehalten. Doch BLICK fuhr Coop in die Bio-Parade und hakte nach.
BLICK: Coop hat erneut einen schönen Gewinn verbucht. Halten Sie Ihre Preise künstlich hoch?
Joos Sutter: Wir haben eine Umsatzrendite von 1,7 Prozent. Das entspricht 1.70 Franken Gewinn auf 100 Franken. In einer anderen Branche würde man die Frage ganz anders stellen. (lacht)
Warum zahlen Kunden dann für identische Markenprodukte beim Discounter und im Ausland deutlich weniger als bei Coop?
Wir haben das Niveau unserer Preise in den letzten Jahren gesenkt. Kostentreiber in der Schweiz sind Vorleistungen wie Mieten, Transport und Werbung. Diese Vorleistungen kosten über 40 Prozent mehr als im Ausland. Auch der Agrarsektor ist über 40 Prozent teurer in der Schweiz. Bei identischen Produkten haben wir enorme Verbesserungen erzielt. Der Preisabstand liegt hier noch bei 30 Prozent.
Bei welchen Produkten werden Kunden in der Schweiz immer noch abgezockt?
Wir werden weiter verhandeln, damit die Preisabstände identischer Produkte zum Ausland weiter sinken.
Das ist keine Antwort auf meine Frage. Warum nennen Sie die betreffenden Firmen nicht beim Namen?
Wir gehen solche Themen progressiv an und kommunizieren auch darüber.
Dann sage ich einen Namen. Was kommt Ihnen bei Nestlé in den Sinn?
Wir sind im Moment in Preisverhandlungen mit dem Unternehmen und werden über die Verhandlungserfolge dann sprechen, wenn sie eingetreten sind.
Weil der Multi Katzenfutter in der Schweiz doppelt so teuer wie in Deutschland verkauft, boykottieren Sie gerade den Einkauf bei Nestlé in der Schweiz und kaufen die Produkte bei Dritthändlern im Ausland ein.
Solche Themen muss man angehen. Wir gehen da so weit, dass wir gewisse Produkte aus dem Sortiment nehmen, was wir in der Vergangenheit bereits getan haben. Und wir greifen dort zu Parallelimporten, wo es Sinn macht.
Und plötzlich stehen diese Produkte 20 Prozent günstiger im Regal. Unglaublich!
Das ist doch gut so. Ein anderes Beispiel: Im Bereich Kosmetik haben wir in den letzten Jahren massive Preisreduktionen erreicht. Wir kämpfen weiter für tiefere Preise.
Warum machen Sie das nur in homöopathischen Dosen und nicht grossflächig? Ihre Kunden würden es Ihnen danken.
Wir müssen die Verfügbarkeit parallel importierter Produkte in über 800 Filialen sicherstellen. Dafür braucht es eine gewaltige logistische Leistung. Es ist nicht immer einfach, an ausreichende Mengen im Ausland heranzukommen.
Sprechen Sie noch mit Nestlé?
Ja. Wir haben eine lange gemeinsame Geschichte. Aber wir müssen auch hart miteinander verhandeln können. Kommunikation ist das Wichtigste.
Dann ist der Preisstreit mit Nestlé nur eine grosse Werbeshow!
Auf keinen Fall.
Nach 10 Jahren Deflation sollen im laufenden Jahr die Preise im Detailhandel wieder steigen. Auch bei Coop?
Das ist sehr unterschiedlich. Gewisse Landwirtschaftsprodukte werden teurer. Überall dort, wo die Rohstoffkosten nicht gestiegen sind, werden wir eher sinkende Preise haben.
Das ganze Sortiment der Firma Schär mit glutenfreien Produkten verteuert sich. Ist das so ein Fall?
Diese Preiserhöhungen sind relativ stark rohstoffbedingt. Bei Schär haben wir keine besseren Einkaufspreise erhalten.
Inzwischen hat sich der Franken deutlich abgeschwächt. Der Euro kostet heute fast 1.17. Bei der Migros heisst es, jetzt steigen die Preise. Rechnen Sie mit Preisauftrieb in den Coop-Supermärkten?
Auch als der Kurs gestiegen ist, sind unsere Preise relativ stabil geblieben. Darum schliesse ich jetzt grosse Veränderungen bei den Preisen aus.
Die Discounter sind auf dem Vormarsch. Grossverteiler wie Coop versuchen, sie mit umfangreichen Aktionen zu bremsen. Doch die Preisschlacht ist mit Aktionen kaum mehr zu gewinnen, besagt eine neue Studie zum Lebensmittelhandel. Was denken Sie?
Die Studie ist doch seit Jahrzehnten immer die gleiche. Aktionen und auch Preisreduktionen spielen eine wichtige Rolle bei der Preisfestsetzung im Detailhandel. Aktionen werden auch in Zukunft wichtig sein.
Die Studien-Autoren schlagen ein Umdenken zu dauerhaft tiefen Preisen anstatt Aktionen vor.
Das sind dieselben Autoren, die es schon vor zehn Jahren gegeben hat.
Aber diese Frage ist auch gleich wichtig wie vor zehn Jahren!
Jawohl. Und es ist auch so, dass Discounter heute wieder mehr Aktionen machen. Die Situation hat sich also gedreht.
Die Mehrheit der Grossverteiler-Kunden hält dauerhaft tiefere Preise für die Auswahl des Einkaufsorts für wichtiger als Aktionen. Müsste Ihnen das jetzt nicht zu denken geben?
Die Stimmen der Konsumenten sind mir sehr wichtig. Wir nehmen ihre Anliegen ernst. Es ist ja nicht so, dass wir in der Vergangenheit keine dauerhaften Preissenkungen vorgenommen hätten.