Es ist eine Start-up-Karriere, wie man sie sonst eher aus dem Silicon Valley kennt – und sicher nicht aus Zürich Oerlikon. 2003 lernten sich Jan Wurzbacher (33) und Christoph Gebald (34) in der ersten Woche ihres Maschinenbaustudiums an der ETH kennen. Sie schworen sich, dereinst zusammen eine Firma zu gründen. Gestern konnten sie die Früchte ihrer Arbeit, die einst in ihrer Studenten-WG begann, ernten.
Auf dem Dach der Kehrichtverwertung Kezo in Hinwil ZH weihten die Gründer und Eigentümer der Firma Climeworks gestern die erste kommerziell genutzte CO₂-Filteranlage der Welt ein – im Volksmund «CO₂-Staubsauger» genannt.
Filter bindet das Treibhausgas
Kohlenstoffdioxid entsteht bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen und ist schuld am Klimawandel. Kurz: CO₂ hat einen miserablen Ruf. «Der Klimawandel ist die grösste Herausforderung der Menschheit. Es macht uns stolz, dass wir einen Beitrag zu dessen Lösung beisteuern können», sagt Christoph Gebald zu BLICK.
Und so funktioniert das Wunderding, an dem die beiden Ingenieure acht Jahre getüftelt haben: Kollektoren saugen Luft ein. Ein Filter bindet das Treibhausgas. Dann wird er geschlossen und erhitzt. Übrig bleibt saubere Luft – und reines CO₂. 900 Tonnen pro Jahr.
In einer unterirdischen Leitung gelangt dieses ins Gewächshaus der Firma Primanatura, wo es als Dünger eingesetzt wird. Mit Erfolg: «Tomaten und Gurken werden um 20 Prozent grösser», sagt Jan Wurzbacher.
Das per «Staubsauger» gewonnene CO₂ bringt auch Getränke zum Sprudeln. Und soll dereinst erneuerbare Treibstoffe salonfähig machen. In diesem Bereich arbeitet Climeworks mit dem deutschen Autobauer Audi zusammen.
300'000 Anlagen als Ziel
Mit der einen Anlage im Zürcher Oberland gibt sich Gebald längst nicht zufrieden. «Wir wollen das Apple der erneuerbaren Energie werden», sagt er. Sein Ziel: «Bis 2025 wollen wir ein Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen filtern.»
Dazu müssten weltweit 300’000 Anlagen erstellt werden. Als Erstes will Climeworks Europa erobern. In die Karten spielt dem ETH-Spin-off dabei das Pariser Klimaabkommen, das seit 2016 in Kraft ist. Das dürfte die Suche nach potenten Investoren erleichtern.