Die Schweizer Banken schoben vor der Einführung des Euro am 1. Januar 1999 Sonderschichten. Die Anspannung in den ersten elf Euro-Staaten war gross. Doch der Beginn des Euro-Zeitalters war noch kinderleicht. Für die Schweiz startete der Euro-Wechselkurs bei 1.610 Franken. Die Schweizer Wirtschaft lernte den Euro von seiner Sonnenseite kennen. Doch schon bald wurde gejammert.
Der Euro-Franken-Kurs nähere sich der Schmerzgrenze, klagten Unternehmen Ende 2000, als der Euro auf 1.51 Franken sank. Der Verband der Schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, Swissmem, warnte, ein Wechselkurs von 1.50 Franken über mehrere Monate hinweg würde weh tun. Die Frankenstärke gegenüber dem Euro lasse die Margen schrumpfen und führe zu einer Verteuerung der Schweizer Produkte im Export. Es war ein Jammern auf hohem Niveau, wie sich später zeigte.
Höchststand bei 1.68 Franken
Im Jahr der Euro-Bargeldeinführung 2002 schwankte der Wert des Euro zwischen 1.45 und 1.48 Franken. In den Euro-Ländern wurde der Euro als Teuro geschimpft, weil die Konsumenten glaubten, dass sich die Preise der Waren durch den Euro verteuerten. Global spielte der Euro eine immer wichtigere Rolle. Im Vorfeld der Invasion im Irak 2003 erstarkte er gegenüber dem Dollar. Im April 2003 überschritt der Wechselkurs die Marke von 1.50 Franken.
Die erste Schwächephase des Euro begann 2005, als die US-amerikanische Notenbank Fed die Zinsen erhöhte. Die Europäische Zentralbank hielt sie stabil, was den Euro-Kurs dämpfte. Doch dann gab die wirtschaftliche Erholung in Europa der Gemeinschaftswährung bis 2007 wieder Auftrieb. Mit 1.68 Franken erreichte die EU-Währung im Oktober 2007 den bisherigen Höchststand gegenüber dem Franken.
Wechselkursuntergrenze war für viele Firmen ein Schock
Aber mit der weltweiten Finanzkrise und dem reduzierten Wachstum in Europa begann der Euro seine Talfahrt. Gleichzeitig wurde der Franken zur beliebten Fluchtwährung in der Euro-Krise. Der Euro fiel gegenüber dem Franken ins Bodenlose. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) zog die Notbremse und legte im September 2011 einen Mindestkurs von 1.20 Franken für den Euro fest.
Unter dem teuren Franken litten der Tourismus, der Detailhandel und die Exportindustrie. Die Firmen mussten Kosten senken, bauten Personal ab, verlagerten die Produktion an günstigere Standorte und erschlossen neue Märkte ausserhalb der EU. Die Schweizer Konsumenten kauften im günstigeren Ausland ein.
Die Aufgabe der Wechselkursuntergrenze im Januar 2015 war für viele Firmen ein Schock. Kurzfristig sackte der Euro auf 1.04 Franken ab. Nicht alle Unternehmen überlebten. Doch diejenigen, die gestärkt aus dem Schock hervorgingen, seien heute topfit, sagte der scheidende Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann dieses Jahr.
Diesen Frühling lag der Wechselkurs beinahe wieder beim Mindestkurs von 1.20 Franken. «Das war für die schweizerische Exportwirtschaft einigermassen vorteilhaft einzustufen», fand die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich. Seither hat sich der Franken wieder leicht aufgewertet. Die KOF-Forscher gehen für das nächste Jahr von einem stabilen Wechselkurs von 1.13 gegenüber dem Euro aus.
Der Euro-Schreck ist einem anderen Schreck gewichen
Die Schweizer Unternehmen sehen den Euro-Franken-Wechselkurs nicht mehr als das grösste Konjunkturrisiko, wie eine kürzliche Umfrage des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse ergab. Dies, obwohl der Euro die letzten 20 Jahre gegenüber dem Franken fast 30 Prozent seines Wertes verloren hat. Deutlich mehr Bauchschmerzen bereitet ihnen der Handelsstreit zwischen den USA und China. Der Euro-Schreck ist einem anderen Schreck gewichen.
Während sich die Schweizer Währungsinsel einigermassen gut halten und verteidigen konnte, ist es den Euro-Staaten die letzten zwei Jahrzehnte unterschiedlich ergangen. Zum 20. Jahrestag kürte «Bloomberg» Deutschland zum Gewinner der Währung, weil sie ein Segen für Deutschlands Handel und Wettbewerbsfähigkeit war.
Für das verschuldete Belgien beseitigte der Euro die Wechselkursrisiken. Profitiert haben auch Österreich und Finnland. Als Euro-Verlierer macht «Bloomberg» die grossen Wirtschaften von Italien, Frankreich und Spanien aus. Sie hätten darunter gelitten, dass sie ihre Währung nicht mehr abwerten konnten.