Skandinavien als wirtschaftliches Vorbild für die Welt, das hört man immer wieder. Jetzt aber hebt die «New York Times» die Schweiz aufs Podest. In einem Essay schreibt Buchautor und Investor Ruchir Sharma, was unser Land so besonders macht und warum sich das andere zum Vorbild nehmen könnten. «Niemand redet davon», erklärt er den Grund für seinen Lob-Text.
Nicht nur reich, sondern auch glücklich sei die Schweiz, schreibt Sharma. Beleg für den ersten Punkt ist für ihn das Durchschnittseinkommen von rund 83'000 Franken, fast ein Viertel mehr als in den skandinavischen Ländern. Fortschritte sieht er bei der Verteilung von Reichtum und Einkommen. «Fast» so gleich wie im Norden sei die Schweiz in diesem Bereich inzwischen.
Franken kein Hindernis
Pluspunkte verteilt er für die vergleichsweise tiefen Steuern, die dezentralisierte Aufstellung der Wirtschaft und die Macht der KMU. Wirtschaftlich ist die Schweiz Skandinavien in vielen Punkten überlegen. So sind hier 13 der 100 grössten Firmen in Europa ansässig. Doppelt so viele wie in allen Skandinavischen Ländern zusammengezählt. Zudem ist Nestlé als wertvollste Firma des Landes 15-mal so viel Wert wie ihr grösster Rivale im Norden. Fast überall ausser in der Ölbranche mische die Schweiz erfolgreich mit.
Nicht einmal der starke Franken vermöge die Exportwirtschaft zu bremsen. Abnehmer seien bereit, für gute Qualität entsprechend mehr zu zahlen.
«SaaS = Switzerland as a Service»
Lob gibts sogar für das Gesundheitswesen. Das überrascht, wird es hierzulande wegen der hohen Kosten doch besonders häufig kritisiert. Gemäss Bewunderern habe das Schweizer Gesundheitssystem für jeden etwas – für Linke und auch für Konservative.
Der Autor erklärt auch, warum die Schweiz zu Unrecht so wenig als Vorbild angeführt wird. Hauptgrund sei die «übertriebene Reputation» als Hafen für Steuerflüchtige. Das Ende des Bankgeheimnis' habe der Wirtschaft nicht geschadet. «Die Schweiz war immer mehr als geheimniskrämerische Banken.»
Sein Fazit: Die Schweiz hat die richtige Balance gefunden zwischen Privatwirtschaft und Wohlfahrtsstaat. Das Schweizer Modell zeige, es brauche keinen Entscheid für das eine oder andere.
An diesem Lobgesang haben nicht nur Schweizer hierzulande Freude – und teilen ihn wie wild auf Twitter – sondern auch in den USA. So schreibt Urs Hölzle, Google-Mitarbeiter der ersten Stunde:«Business idea: SaaS = Switzerland as a Service. Have trouble running your government or economy? Call Switzerland». Auf Deutsch: Die Schweiz soll ihr Stärken als Service weltweit anbieten. Wenn eine Regierung Probleme haben, könne sie das Geschäft an die Schweiz auslagern. (jfr)