Ora et labora – bete und arbeite, lautet die Lebensformel der Benediktiner. Im Thurgau sind sie Mieter in einem Denkmal von nationaler Bedeutung, das dem Verein Kloster Fischingen gehört. Manager kehren dort ein, um ihr Burn-out zu kurieren. Schreiner stellen Tische und Betten her, eine Brauerei produziert das einzige Klosterbräu der Schweiz.
Doch der Fleiss der Mönche und Handwerker und die Einnahmen des Vereins reichen nicht, um alle Kosten des Klosterbetriebs zu decken. Rund eine halbe Million Franken Verlust schreibt der Verein jährlich. Spenden decken den Aufwand nicht mehr.
Einem Umsatz von mehr als elf Millionen Franken stehen Aufwände für Personal, Verpflegung und Erhalt des Gebäudes gegenüber, die das Jahresergebnis belasten.
Doppeltes Kreuz
Wobei das Kloster ein doppeltes Kreuz trägt: Der Denkmalschutz verpflichtet den Trägerverein zum Gebäudeerhalt. Wegen des Denkmalschutzes kann das Gebäude aber nicht einmal ordentlich isoliert werden. Das Seminarhotel, die wirtschaftliche Perle des Betriebs, kann die Bettenzahl wegen baulicher Beschränkungen nicht erhöhen. Obwohl es fast doppelt so viele Zimmer bräuchte, um den Gesamtbetrieb rentabel zu machen. «Das ist mindestens zynisch», sagt der Leiter der Trägerschaft, Werner Ibig.
Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.
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Das Kloster gehört dem Verein, der wie eine Liegenschaftenholding funktioniert. Zum Betrieb zählen die Bierbrauerei Pilgrim, eine Schreinerei, eine Förderschule und das Seminarhotel. Brauerei, Schreinerei und das Seminarhotel bezahlen eine Miete, die Brauerei leistet zusätzlich eine Mengenabgabe für die Nutzung des Wassers und bezahlt etwas für die Nutzung der Marke Kloster Fischingen.
Grosse Kredite gibts nicht
Das bringt den Betrieb aber nicht aus den roten Zahlen. Ein Drittel der Liegenschaft sind Korridore und Treppenhäuser, also wirtschaftlich nicht nutzbar. Auf Pump will der Verein aber nicht leben. Grosse Projekte werden umgesetzt, wenn es die Finanzen zulassen. Obwohl der Neuwert der Liegenschaft 100 Millionen Franken beträgt, sind Banken nicht bereit, grosse Kredite zu geben. «Weil man für die Liegenschaften auf dem freien Markt keinen hohen Preis realisieren kann; es ist ein idealistischer Wert», erklärt Ibig.
Ziel wäre es, «wenigstens die Kosten der Liegenschaft zu decken». Ibig geht mit gutem Beispiel voran. «Ich habe mir auferlegt, dass mein Lohn nie mehr als das Dreifache vom niedrigsten Lohn im Klosterbetrieb betragen darf.» Die Vorstandsmitglieder des Vereins arbeiten ehrenamtlich.
Die Hotelgäste und Pilger kommen, um zu meditieren, und erhalten den Pilgersegen. Kloster auf Zeit bei den Benediktinern buchen meist Männer ab vierzig, mittleres und höheres Management. «Leute, die schon alles erlebt haben, sich etwas leisten können – und merken, dass es das nicht gewesen sein kann», sagt Pater Brazerol. «Sie suchen den geregelten Rhythmus, dass wir beim Essen schweigen und dass man hier sein darf, ohne sich erklären zu müssen, sowie das Nichtstun.»
Wichtige Auslastung
Den grössten Betrieb führt der Verein ausserhalb des Klosters, die Förderschule Fischingen. Auf Basis einer Leistungsvereinbarung betreibt der Verein die Schule im Auftrag des Kantons, der sie finanziert. «Mit der Schule dürfen wir nichts verdienen, aber sie hilft, Gemeinkosten in Küche und Verwaltung zu tragen», sagt Ibig.
Unter den Einkehrern waren schon Banker und Unternehmer, welche die finanziellen Herausforderungen für den Verein in den Griff bekommen wollten. Auch sie stellten fest, dass mit den bestehenden Betrieben nicht so viel erwirtschaftet werden kann, wie es der Unterhalt des Baudenkmals erfordert.
Ein Adler kreist über dem Kloster. Prior Brazerol steht neben der Brauerei, winkt dem Schreinermeister zu und seufzt zum Himmel: «Hätte ich doch nur den Überblick dieses Vogels. Wir leben von der Substanz, das halten wir nicht ewig durch.»