Es konnte eigentlich nicht ausbleiben: Auch der medienscheue Schweizer Glencore-Konzern taucht in den «Paradise Papers» auf, die seit Sonntagabend die Welt der Reichen und Mächtigen in Atem hält. Für die internationalen Rohstoffhändler in den verglasten Büros an der Baarermattstrasse in Baar ZG muss seitdem Alarmstufe Rot gelten. Denn auch wenn wohl alles legal war, womit sie sich die Kontrolle vor allem über die Kupferreserven der Demokratischen Republik Kongo verschafften: Anständig waren die ausgehandelten Verträge nicht. Das zeigen die von der «Süddeutschen Zeitung» in Deutschland und vom «Tages-Anzeiger» in der Schweiz veröffentlichten «Paradise Papers».
Die Menschen im Kongo, ohne deren Ressourcen der Hunger der Industrieländer nach Kupfer und Seltenen Erden nicht gestillt werden könnte, sind bitterarm geblieben. Der Bürgerkrieg hat Millionen Menschenleben gekostet. Verdient an den Deals, mit denen sich der Konzern die Mehrheit an der Katanga-Mine sicherte, haben nur Glencore selber und eine kleine Clique mit dem kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila an der Spitze.
Glencore beteuert rigorosen Kampf gegen Korruption
Der Verfassung nach dürfte Kabila eigentlich längst nicht mehr der Präsident des Kongo sein. Mehr als zwei Amtszeiten sind nicht erlaubt. Doch Kabila klammert sich an seine Macht. Er weiss wohl, dass er andernfalls zur Rechenschaft gezogen würde. Ihm und seiner Familie allein werden Beteiligungen an über 80 Unternehmen, an Farmen und Banken, Airlines und Hotels, Gold- und Silberminen nachgesagt. Immer wieder hat sich der kongolesische Präsident geweigert, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Das bringt jetzt auch Glencore in die Bredouille. Denn das in den «Paradise Papers» beschriebene Bild des Konzerns korrespondiert nicht wirklich mit der in der Öffentlichkeit verbreiteten Selbstdarstellung des Unternehmens. Man sei, haben Vertreter von Glencore immer wieder gesagt, rigoros im Kampf gegen Korruption. Es seien auch bei den Verhandlungen zur Übernahme der Katanga-Mine, die im Juli 2008 im Hilton International Hotel am Zürcher Flughafen in ihre heisse Phase traten, keine Schmiergelder geflossen.
150 Millionen in Mine investiert
Damals hatte Glencore bereits 150 Millionen Dollar in die Katanga-Mine investiert. Die Übernahmeverhandlungen schienen gut zu laufen – bis die Kongolesen ihre Forderungen plötzlich massiv steigerten. In dieser Notlage holte Glencore den israelischen Diamantenhändler Dan Gertler an Bord. Er galt – und gilt – als einer der engsten Freunde und Vertrauten von Joseph Kabila. Er sollte die Kongolesen wieder auf ein «normales Mass» hinunterhandeln.
Die «Paradise Papers» belegen den Erfolg des Israeli. Am Ende hatten Kabila und seine Freunde auf drei Viertel ihrer ursprünglichen Forderungen verzichtet. Die jetzt an die Öffentlichkeit gekommenen Unterlagen lassen aber auch vermuten, dass dieser Deal nicht zum Schaden des einen oder anderen kongolesischen Beamten und Politikers geriet.
Glencore dementiert
Dan Gertler und Glencore haben diese Darstellung der Ereignisse gegenüber der «Süddeutschen Zeitung» dementiert. Er sei, hat der Israeli erklärt, über die Jahre einer der grössten Arbeitsplatz-Beschaffer im Kongo gewesen. Der Rohstoffkonzern in Baar verweist darauf, dass die Katanga-Mine ohne die Glencore-Investitionen kaum überlebt hätte.
Fakt bleibt: Verdient haben in den letzten Jahrzehnten an der Mine vor allem der Konzern selbst und die Getreuen des kongolesischen Präsidenten.
Das rohstoffreiche Land selbst hat nichts davon gehabt.