Argentinien als Grexit-Beispiel
Was passiert, wenn ein Land pleite geht?

Was droht den Griechen beim Grexit? Das Beispiel Argentinien zeigt es. Das Land erklärte sich im Dezember 2001 für zahlungsunfähig.
Publiziert: 29.06.2015 um 20:08 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:44 Uhr
Griechen zur Bankenschliessung: «Müssen ruhig bleiben!»
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:Griechen zur Bankenschliessung: «Müssen ruhig bleiben!»

Am 23. Dezember 2001 zog Argentiniens Übergangspräsident Adolfo Rodríguez Sáa die Notbremse. Im Parlament erklärte unter tosendem Beifall der Abgeordneten, dass das Land die Schuldenzahlungen per sofort einstelle.

Staatsanleihen im Wert von über 100 Milliarden Dollar wurden nicht mehr bedient, ein erheblicher Teil davon kam von Privatgläubigern aus dem Ausland. Es war der grösste Zahlungsausfall eines Landes und zugleich der traurige Höhepunkt einer Jahre anhaltenden Krise. 

Argentinien hatte Jahre über seine Verhältnisse gelebt. Die Landeswährung, der Peso, war an den Dollar gekoppelt und daher hoffnungslos überbewertet. Die Staatschulden nahmen rasant zu - um bis zu 36 Prozent pro Jahr!

Im Dezember 2001 eskalierte die Lage dann vollends. Anfangs Dezember liess Finanzminister Cavallo alle Konti der Argentinier sperren. Pro Woche durften sie nur noch 250 Pesos abheben. Er wollte so verhindern, dass die Argentinier weiter Gelder im grossen Stil abheben, um sie in Dollar zu tauschen.

Er hatte die Rechnung ohne das Volk gemacht. Die Argentinier gingen gegen die Kontensperre mit Kochtöpfen auf die Strasse, hämmerten an die verschlossenen Banktüren, um ihre Ersparnisse zurückzufordern. In wenigen Tagen weitete sich der Protest zu Plünderungen und Brandanschlägen auf Banken aus.

Der Finanzminister musste am 20. Dezember gehen, Staatspräsident Fernando de la Rúa einen Tag später. Das Land sollte in den folgenden 113 Tagen fünf neue Präsidenten sehen, teilweise nur für wenige Stunden. Einer von ihnen, der zweite in der Reihe, war Sáa.

Als Nummer fünf kam am 2. Januar Eduardo Duhalde an die Macht. Er beschloss als erstes das Ende der Peso-Dollar-Bindung. Das führte zu einer starken Abwertung der lokalen Währung. Die Banken verbarrikadierten darauf Türen und Fenster mit Stahlplatten, einige Tage wurden sie gar ganz geschlossen. Das Bargeld wurde in der Folge knapp.

Damit die Banken nicht zusammenbrachen, erhielten sie neue Staatsanleihen.

Ende 2002 wurden die Kontensperren endgültig aufgehoben - auf richterliche Anordnung.

Für viele Argentinier kam die Aufhebung zu spät, sie waren da längst verarmt. Denn die Pesos auf ihren Konti waren nichts mehr wert. Am Höhepunkt der Krise Mitte 2002 betrug die Armutsrate 57 Prozent. 23 Prozent hatten keinen Job.

Auch die Wirtschaft lag am Boden. Das BIP war innert weniger Jahre um einen Fünftel eingebrochen.

Die Wende kam ab Mitte 2002, als die Wirtschaft wieder zu wachsen begann. Ab 2003 erholte sich das Land.

2005 schliesslich einigte sich das Land auch mit den Gläubigern. Diese mussten auf 70 Prozent ihrer Anlagen verzichten. 76 Prozent akzeptierten den Tauschhandel. Aus über 100 Milliarden Dollar schulden wurden so über Nacht noch 35 Milliarden. Der Deal sollte in der Folge die Gerichte beschäftigen. Argentinien drohte deswegen 2014 erneute die Pleite. (rsn)

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