Die Schweiz ist ein Geldspeicher. Zwar baden die Schweizer nicht wirklich im Bargeld, so wie Dagobert Duck es gerne tut. Aber sie besitzen es, genau wie der Comic-Milliardär aus Entenhausen, lieber in bar als auf einem Bankkonto. In keinem Land der Welt ist pro Kopf so viel Bargeld im Umlauf wie in der Schweiz (siehe Grafik).
Ende 2015 waren es im Schnitt knapp 9300 Franken. Alle Noten, welche die Druckerei Orell Füssli – sie gehört zu mehr als einem Drittel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) – pro Jahr ausspuckt, wiegen zusammen 100 Tonnen.
Kein Wunder, war das Interesse an der neuen 20er-Note gestern bei der Vorstellung in Bern riesig. Am nächsten Mittwoch kommt sie schweizweit in Umlauf.
Bis April 2016 war 20 Jahre lang keine Banknote mehr eingeweiht worden. Dann machte die 50er-Note den Anfang der neunten Banknoten-Serie der Schweiz. Die 20er-Note ist die zweite, am 18. Oktober folgt dann die 10er-Note. Bis 2019 soll die gesamte Serie ausgewechselt sein.
Immer mehr
«Nach einem Jahr haben wir jeweils zwei Drittel der alten Noten durch neue ersetzt», sagt SNB-Vizedirektor Fritz Zurbrügg (56).
Die 20er- ist nach der 100er-Note die am weitesten verbreitete Schweizer Note – sie macht ein Fünftel aller Scheine aus. Gut 84 Millionen gibt es von ihr. Gesamtwert: 1,7 Milliarden Franken. Tendenz steigend.
Überhaupt ist in der Schweiz immer mehr Bargeld im Umlauf. Die Menge wächst seit zehn Jahren deutlich schneller als das Bruttoinlandprodukt (BIP) (siehe Grafik). Damals zirkulierten noch rund 35 Milliarden Franken Bargeld. Heute sind es mehr als 80 Milliarden.
Höchster Stand seit den 70ern
Aber warum ist Bargeld auch in Zeiten der Automaten und Karten noch in Mode? Schon seit Jahrzehnten horten die Leute in angespannten Situationen Geldscheine – nach der Devise «nur Bares ist Wahres». Vor der Kriegswende 1942/43 erreichte diese Nachfrage einen Höhepunkt. Banknoten machten damals mehr als ein Viertel des Schweizer BIP aus.
In der Nachkriegszeit sackte der Wert auf bis sieben Prozent ab, kurz vor der Finanzkrise 2008. Seither steigt der Wert wieder und steht aktuell bei rund zwölf Prozent – der höchste Stand seit Ende der 1970er-Jahre.
SNB-Vize Zurbrügg erklärt: «Vor allem nach dem Ausbruch der Finanzkrise sowie nach Einführung der Negativzinsen 2015 stieg das Bedürfnis der Schweizer nach Bargeld stark an und sank seither nicht mehr.»
2008 brach das Vertrauen in die Banken zusammen. Es wurde klar: Sogar eine UBS kann fallen. Die Negativzinsen liessen die Angst steigen, Banken könnten auch Kleinsparern Strafzinsen abzwacken. Also lieber Noten bunkern statt ein virtuelles Konto füllen.
Interesse an Bargeldverbot?
Die SNB findet den Trend weder gut noch schlecht – offiziell. Inoffiziell wird sie sich kaum darüber freuen. Denn eigentlich sollen die Negativzinsen den Franken gegenüber Fremdwährungen unattraktiv machen. Dieser Plan geht schief, wenn die Leute ihr Geld unter der Matratze verstecken.
Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann (51) sagte darum 2015 zu BLICK: «Die Behörden haben ein Interesse an einem Bargeldverbot.» SNB-Zurbrügg winkte vor kurzem in einer Rede ab: «Die Gerüchte vom Tod des Bargeldes sind stark übertrieben.»
Bargeld-Land Schweiz. Im Ausland gehen die Trends in die andere Richtung. Dort hat sich bargeldloses Zahlen per Karte oder Handy-App schon grösstenteils durchgesetzt. In nördlichen Ländern kann man bisweilen schon nicht mehr bar bezahlen.