Es ist eine der grössten Erfolgsgeschichten der Schweizer Wirtschaft. Vor 30 Jahren übernahm Peter Spuhler (60) eine Firma mit 18 Mitarbeitern. Inzwischen ist Stadler Rail ein international konkurrenzfähiges Grossunternehmen mit 8500 Mitarbeitern.
Und heute bringt der Patron sein Werk an die Börse. «Vorsicht, der Börsen-Zug fährt ab!», hiess es Punkt 9 Uhr. Die traditionelle Kuhglocke zum Start durfte Spuhlers Tochter Ladina läuten. Die Kleine, rotes T-Shirt und schwarzes Jacket, etwas verlegen neben dem berühmten Papi – ein herziges Bild.
Kurz zuvor verselbstständigte sich irgendwo ein Champagner-Korken mit lautem Knall. Dann rollte der Ostschweizer Schienenfahrzeughersteller erstmals auf Schweizer Börsenparkett. Und wie!
Ein Traumstart: Kurz nach Börsenöffnung steht die Aktie mit dem Tickersymbol SRAIL (aktueller Kurs) bereits bei über 42 Franken – ein Plus von 14 Prozent über dem Ausgabepreis von 38 Franken. Um 17.30 Uhr Börsenschluss geht die Aktie bei 43.10 Franken aus dem Handel – Plus 13,4 Prozent!
Eines war schon im Vorfeld klar: Die Nachfrage nach den Papieren übersteigt die Zahl der angebotenen Aktien um ein Vielfaches. Grosse Investoren wie Banken, Pensionskassen und Anlagefonds haben bereits kräftig zugelangt. «Es gibt viel zu wenige Aktien, damit alle, die mitmachen wollen, auch etwas erhalten», sagte ein Händler im Vorfeld.
BLICK und andere Medien ausgesperrt
Der Bahnbauer ging mit einem Preis von 38 Franken an die Börse. Der Stadler-Rail-Konzern ist folglich mit 3,8 Milliarden Franken bewertet. Mit dem Kursanstieg auf über 43 Franken wuchs auch die Marktkapitalisierung auf 4,22 Milliarden Franken an.
Laut einer Mitteilung des Zug-Konzerns beträgt der an der Börse frei gehandelte Anteil Stadler-Aktien 38,16 Prozent. Dieser erhöht sich auf bis zu 43,41 Prozent, wenn die Mehrzuteilungsoption ausgeübt wird.
Journalisten, die um neun Uhr dem «Glockenschlag» des Stadler-Börsengangs beiwohnen wollten, erhielten keinen Zugang. Sie wurden von der Schweizer Börse SIX ausgesperrt, so auch zwei BLICK-Journalisten.
«Wie der Börsengang vor sich geht, entscheidet das Unternehmen, in dem Fall Stadler», sagt ein SIX-Sprecher zu BLICK. Zugang zum «Privatanlass» bekam lediglich das Schweizer Fernsehen SRF – als einziges Medium.
Kleinanleger warten besser zu
Peter Spuhler sagt in einer Mitteilung: «Ich freue mich über die grosse Nachfrage nach Aktien von Stadler.» Und: «Der Börsengang ist ein wichtiger weiterer Meilenstein in der Geschichte von Stadler.» Er versichere, langfristig weiterhin voll engagiert zu bleiben.
Privatanleger tun gut daran abzuwarten, wie sich die Aktie nach dem Börsenstart entwickelt. Laut Händlern hat das Stadler-Papier durchaus Potenzial, auf lange Sicht zur «Volksaktie» zu werden.
Spuhler zielt mit der Bezeichnung vorderhand auf den Preis der Aktie ab, bei dem sich ein Normalbürger den Titel gerade noch leisten kann. Eine breite Streuung bei Kleinanlegern, also denen, die die Stadler-Züge auch benützen, ist derzeit ausgeschlossen.
Zahltag für Peter Spuhler
So ist es denn auch der Patron, der den grössten Schuh aus dem Börsengang zieht. Für Spuhler ist heute Zahltag, denn er verkauft ja einen guten Teil seiner Aktien. Das bringt ihm je nach gehandeltem Aktienpreis bis zu zwei Milliarden Franken in bar ein. Geld, das zuvor in der Firma investiert war. Legt man den Ausgabepreis von 38 Franken je Aktie zu Grunde, verdient Spuhler gemäss Berechnungen von BLICK 1,53 Milliarden Franken.
Der Börsengang macht nicht nur Spuhler reicher, sondern auch die Verwaltungsräte von Stadler Rail. Dazu gehören Hans-Peter Schwald (Vize-VR-Präsident), Friedrich Merz (deutscher CDU-Politiker), Fred Kindle (Ex-ABB-Chef) und Christoph Franz (Roche-Präsident).
Sie alle haben eine Haltefrist für die Aktien von zwölf Monaten. Erst dann zeigt sich, ob sie ihre Beteiligungen an Stadler Rail vergolden.
Gäste zeigen mit dem Daumen nach oben
Für die geladenen Gäste war der Börsengang von Stadler Rail ein «grossartiges» Ereignis. «Es ist super gelaufen, alle sind glücklich», sagen welche, die BLICK bei Hinauslaufen aus der Börse befragen konnte. Sie wollen anonym bleiben, sagen dürften sie nichts.
UniCredit-Leute sagen, die Stimmung war sehr ausgelassen. «Der Börsengang hat genau zum richtigen Zeitpunkt stattgefunden.» Wenn man von «Swiss Quality» spreche, dann seien genau Unternehmen wie Stadler gemeint.
Sie zeigen aber alle unisono mit dem Daumen nach oben. Und Peter Spuhler? Der hat die Börse durch den Hinterausgang verlassen.