14 ehemalige Führungskräfte der Swissair und SAirGroup haben nicht pflichtwidrig gehandelt, obwohl interne Darlehen nach dem Zusammenbruch der Fluggesellschaft Ende 2001 nicht mehr vollständig zurückgezahlt werden konnten. Zu diesem Schluss kommt das Bundesgericht.
Es hat die Verantwortlichkeitsklage der Swissair-Liquidatorin gegen ehemalige Verwaltungsräte, CEO und CFO wegen Pflichtverletzung in den Hauptpunkten endgültig abgewiesen und damit die Urteile des Zürcher Handelsgerichts vom April 2018 bestätigt, wie am Freitag bekannt wurde.
Die Swissair-Liquidatorin hatte eine Schaden von rund 280 Millionen Franken geltend gemacht, wofür die Beklagten solidarisch hätten haften sollen. Die Gewährung von konzerninternen Darlehen stelle eine Pflichtwidrigkeit bei der Bewirtschaftung des aktiven Vermögens der Swissair dar, so die Begründung.
Nach dem Handelsgericht des Kantons Zürich stellt dies nun auch das Bundesgericht in Abrede. Die Rügen der Swissair-Liquidatorin sind laut Urteil des Bundesgerichts unbegründet. Mit den konzernintern gewährten Darlehen seien zumindest aus damaliger Betrachtung die Geschäftsinteressen der Swissair gewahrt worden.
Fehlende Argumente für Alternative
Das Zürcher Handelsgericht hat laut Bundesgericht zu Recht festgestellt, dass der Flugbetrieb der Swissair im Interesse der Gläubiger unter allen Umständen habe aufrechterhalten müssen. Diesbezüglich hätten die Liquidatoren nicht genügend dargelegt, inwiefern der Schaden geringer ausgefallen wäre, wenn die Swissair entschieden hätte, aus dem Cash-Pool auszusteigen und die Festgeldanlagen nicht zu erneuern, wie dies die Liquidatorin erwartet hätte.
Zudem seien 9 der 14 beklagten ehemaligen Führungskräfte vom Handelsgericht zu Recht nicht als faktische Organe der Swissair eingestuft worden. Die Verantwortlichkeitsklage habe sich deshalb gar nicht gegen diese Personen richten können wegen fehlender Passivlegitimation. Diese seien aus ihren Funktionen ausgeschieden, als die konzerninternen Darlehen noch marktkonform und damit unproblematisch gewesen seien.
Ab dem 1. Januar 2001 war dies zwar nicht mehr so. Ab diesem Zeitpunkt wäre die Swissair nicht mehr berechtigt gewesen, konzerninterne Darlehen zu gewähren. Die übrigen Beklagten hätten also handeln müssen. Allerdings versäumte es die Liquidatorin auch laut Bundesgericht, genau auszuführen, was die Handlungspflichten der Beklagten gewesen wären.
Richtig sei die Einordnung der Vorinstanz auch im Hinblick auf den Vorwurf, die Konzernorganisation der Swissair sei unrechtmässig gewesen, schreibt das Bundesgericht weiter. Die Liquidatorin habe diesen Vorwurf zumindest nicht hinreichend begründet.
Einzig bezüglich der Gerichtsgebühr von drei Millionen Franken hat das Bundesgericht geringfügig anders entschieden als das Zürcher Handelsgericht. Es hat die Gebühr um rund 36'000 Franken reduziert.
Scherbenhaufen nach Hunter-Strategie
Swissair brach in Sommer 2001 nach einer gescheiterten Beteiligungsstrategie unter einem Schuldenberg von 17 Milliarden Franken zusammen. Am 2. Oktober kurz nach Mittag musste die Swissair den Flugbetrieb einstellen, weil ihr das Geld fehlte, um den Flugtreibstoff zu bezahlen. Rund 260 Maschinen und mit ihnen rund 19'000 Passagiere blieben an diesem Tag am Boden.
Seit Mai 2003 befindet sich die Swissair in Nachlassliquidation. Rund 10'000 Gläubiger mit anerkannten Forderungen von rund 10 Milliarden Franken sind von der Pleite betroffen.
Auf das Grounding folgte der grössten Wirtschaftsprozess der Schweizer Geschichte. Am 7. Juni 2007 sprach das Bezirksgericht Bülach alle 19 Angeklagten frei. Im Juni 2008 wurde Mario Corti, der letzte CEO und Verwaltungsratspräsident der SAirGroup, auch im Berufungsprozess freigesprochen.
Im April 2013 wies das Zürcher Obergericht eine Klage gegen den damaligen Verwaltungsratspräsidenten Eric Honegger und weitere Mitglieder des Swissair-Verwaltungsrats ab. Das Gericht war zum Schluss gekommen, dass der Entscheid der früheren Swissair-Chefs, die belgische Tochter-Airline Sabena kurz vor dem Grounding noch mit 150 Millionen Franken zu refinanzieren, angesichts der Sachzwänge rechtlich vertretbar gewesen sei.