Weil ihm die Verhaftung droht?
Israels Ex-Regierungschef sagt Schweiz-Reise ab

Israels Ex-Ministerpräsident Ehud Olmert hat nach eigenen Angaben eine Reise in die Schweiz wegen einer drohenden Strafverfolgung abgesagt. Allerdings wissen die Schweizer Behörden nichts davon. Hintergrund ist der Vorwurf möglicher Kriegsverbrechen.
Publiziert: 25.07.2019 um 12:23 Uhr
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Aktualisiert: 25.07.2019 um 19:01 Uhr

Er will nicht in die Schweiz kommen – der ehemalige Ministerpräsident Israels, Ehud Olmert, sagt eine Geschäftsreise nach Zürich ab. Die Schweizer Behörden hätten mitgeteilt, dass sie ihn «befragen wollten und möglicherweise auch festnehmen», teilte Olmert am Donnerstag mit. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, habe die Schweizer Botschaft in Tel Aviv Olmert vor der Reise gewarnt.

Allerdings wissen die Schweizer Behörden nichts davon. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verwies an die Bundesanwaltschaft. Dort hiess es: «Die Bundesanwaltschaft führt zurzeit kein Strafverfahren gegen Ehud Olmert.»

Droht ihm die Auslieferung?

Das Bundesamt für Justiz teilte auf Anfrage ferner mit, es habe kein Rechtshilfeersuchen in dieser Sache erhalten. Doch das Amt wies auch darauf hin, dass Fahndungsersuchen und direkt gestellte Auslieferungsgesuche vertraulich seien und dem Amtsgeheimnis unterstünden. Möglich also, dass ein solches Gesuch eingetroffen ist.

Nach Olmerts Aussage hätte es bei der Befragung durch die Behörden entweder um den ersten Gaza-Krieg zur Jahreswende 2008/2009 gehen können – oder aber um den zweiten Libanon-Krieg im Jahre 2006.

1400 Palästinenser und 13 Israelis getötet

Bei der dreiwöchigen Militäroperation «Gegossenes Blei» 2008/2009 wurden mehr als 1400 Palästinenser und 13 Israelis getötet. Eine Uno-Kommission warf anschliessend sowohl Israel als auch der im Gazastreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Der Vorsitzende der Kommission korrigierte sich jedoch später. Inzwischen sei klar geworden, dass Israel während des Kriegs nicht absichtlich auf Zivilisten gezielt habe.

Livni pochte auf diplomatische Identität

Im Libanon-Krieg wurden innerhalb eines Monats auf der libanesischen Seite mehr als 1200 Menschen getötet, auf der israelischen mehr als 160 Soldaten und Zivilisten. Experten der Vereinten Nationen kamen anschliessend zu der Einschätzung, dass sowohl von israelischer sowie von der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah die Menschenrechte schwer verletzt wurden.

Bereits 2016 hatte die britische Polizei die ehemalige israelische Aussenministerin Zipi Livni zu einer Befragung über mögliche Kriegsverbrechen ihrer Regierung während des ersten Gazakrieges eingeladen. Livni erhielt die Einladung dazu vor einem Grossbritannienbesuch. Letztlich sicherte sie sich nach Medienberichten für den Besuch diplomatische Immunität.

(SDA/sf)

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