Am Donnerstagmorgen überraschte die Bundesanwaltschaft mit einer Medienmitteilung: Sie hat gegen drei Vorstandsmitglieder des Islamischen Zentralrats (IZRS) Anklage beim Bundesstrafgericht erhoben.
Ihnen wird vorgeworfen, Propaganda für die Terror-Organisation Al-Kaida gemacht zu haben Es geht konkret um einen Doku-Film des IZRS-Kulturchefs Naim Cherni. Er interviewte dort Abdallah al-Muhaysini – er wird als Vertreter und verantwortlicher Ideologe der Al-Kaida-nahen Jaish al Fatah betrachtet.
Mitangeklagt sind IZRS-Präsident Nicolas Blancho und der Pressechef Qaasim Illi. Sie werden als mutmassliche Mittäter betrachtet, weil sie das Video genehmigten oder mitverbreiteten.
IZRS sieht sich als Opfer
BLICK versuchte mit den Vertretern des selbsternannten Zentralrates zu sprechen. Eine Stellungnahme gab es nur via E-Mail. Darin bezeichnet Qaasim Illi das Verfahren als «politischen Schauprozess». Man sehe diesem gelassen entgegen, die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft seien auf «brüchigem Eis».
Illi befindet sich derzeit an der myanmarisch-bangladeschischen Grenze, wie er zu BLICK sagt. Facebook-Beiträgen zufolge kann davon ausgegangen werden, dass auch Blancho und Video-Macher Cherni sich dort aufhalten. Sie wollen dort das Leid der verfolgten Rohingya dokumentieren. In den sozialen Medien wurde ihre dortige Präsenz als Versuch abgetan, Propaganda für ihre Ideen zu streuen.
Dass sie überhaupt ins Ausland reisen konnte, hängt damit zusammen, dass gegen die drei Angeklagten keine Untersuchungshaft angeordnet wurde. Wie die Bundesanwaltschaft zu BLICK sagt, wurden auch keine Ersatzmassnahmen beschlossen. Möglich wäre etwa die Sperre des Reisepasses gewesen. Illi und Blancho sind Schweizer Bürger, Naim besitzt den deutschen Pass.
Seit November wird ermittelt
Dass Illi und Blancho auch auf der Anklagebank sitzen, überrascht. Die Bundesanwaltschaft eröffnete 2015 das Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Al-Kaida-Video zunächst lediglich gegen Naim Cherni. Illi erklärt zu BLICK, dass die Bundesanwaltschaft das Verfahren auf ihn und seinen Vereinspräsidenten Blancho im November 2016 ausgeweitet hatte.
Aussagen wollten die beiden Mitangeklagten jedoch nicht, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Illi bestätigt dies indirekt und begründet die Verschwiegenheit damit, dass man das Verfahren als «politisch motiviert» einstufe. «Grund ist Herr Laubers eigene Aussage, wonach es darum gehe, die Griffigkeit der Schweizer Gesetze zu prüfen», schreibt Illi zu BLICK weiter.
Blancho will vor Gericht aussagen
Im November 2016 kündigte Blancho jedoch an, vor Gericht aussagen zu wollen: «Wenn die Bundesanwaltschaft uns nach Bellinzona einlädt, werden wir die Einladung nicht ausschlagen.» Sie drohten dem Bundesanwalt, «ohne Sack über dem Kopf» ihre Position «offen und bestimmt» zu vetreten. Man werde nicht zulassen, dass Muslime «im Rahmen politischer Schauprozesse in die terroristische Ecke drängt» werden.
Die Bundesanwaltschaft will erst an der Hauptverhandlung vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona sagen, welche Strafe sie fordert. Das Gesetz sieht bei solcher Terror-Propaganda eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Bis zum rechtskräftigen Urteil gilt für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung.