Sie strahle so viel Wärme aus wie ein Gefrierfach, ihr Wahlkampf sei ein totales Chaos, gar der schlimmste in der Geschichte der britischen Konservativen: So harsch keift die einst so begeisterte konservative Presse derzeit gegen ihre britische Premierministerin Theresa May (60).
Kurz vor den Parlamentswahlen am Donnerstag schwächelt May. Ihr einst riesiger Vorsprung in den Umfragen ist dahingeschmolzen wie Cheddar-Käse auf verbranntem Toast.
Als sie im April überraschend Neuwahlen ankündigte, lag sie mit komfortablen 20 Prozentpunkten vor dem urlinken Herausforderer der zerstrittenen Labour-Partei, Jeremy Corbyn (68). Alles deutete auf einen langweiligen Wahlkampf und einen Erdrutschsieg hin.
Steht ein Debakel bevor?
Doch wenige Tage vor der Wahl sehen manche Umfrageinstitute sie nur noch ein paar Prozente im Voraus. Die Meinungsforscher von Yougov gehen sogar davon aus, dass die Konservativen die absolute Mehrheit im Unterhaus um 22 Sitze verpassen. Es wäre ein Debakel.
Die einstige Heldin der Brexit-Fans hat sich das selber eingebrockt. May stellte Parteipolitik über die Interessen des Landes. Beflügelt von den sensationellen Umfragen und der demoralisierten Opposition wollte sie ihre Macht innerhalb der Partei konsolidieren, ein Mandat für völlig freie Hand in die Brexit-Verhandlungen ergattern.
Arrogant und schwach
Doch sie überschätzte völlig ihre persönliche Beliebtheit. Sich zu weigern, mit Corbyn im Fernsehen zu debattieren, mochte ihr im April noch als clever vorgekommen sein. Am Ende wirkte es nur arrogant und schwach. Noch schlimmer war ihre Wirkung auf der Wahlkampftour. Im persönlichen Kontakt mit Land und Leuten drosch sie unentwegt hohle Phrasen, wich aus, verzog ihr Gesicht, wirkte gestresst, schwach, von der Rolle.
Ihr Mantra «strong and stable leadership», starke und stabile Führung, wurde zum Running Gag. Zum Rohrkrepierer wurde ein Kernpunkt des Wahlprogramms: Sie wollte von Senioren jegliches Vermögen über 100’000 Pfund für die Pflege einkassieren. Gegner nannten das sofort «Demenzsteuer», die Wähler tobten, May musste einen peinlichen Rückzieher machen.
Corbyn schien der Wahlkampf Spass zu machen, bei May wirkte er wie Mühsal. Als hätte sie die letzten 20 Jahre im geschützten Raum des Westminster-Palasts verbracht. Der unvermeidliche Reality-Check für die Spitzenkandidatin schien auf sie wie ein Schock zu wirken.
Umso mehr rächt es sich, dass die Konservativen im Wahlkampf alles auf die Person May zuspitzten: Dem Personenkult mangelt es an einer echten Persönlichkeit. Einzige Hoffnung der Partei ist die treue Basis. Die auch wählen geht, wenn die Chefin leidet.