In der Abgeordnetenkammer in Rom stimmten am späten Donnerstagabend 535 Politiker für Draghis Kabinett. Es gab 56 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen, wie die Kammer mitteilte. Bereits am Mittwoch hatte der kleinere Senat bei einer Vertrauensfrage klar für den früheren Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) votiert.
Damit endet eine politische Krise, die Italien mitten in der Corona-Pandemie über Wochen blockiert hatte. Im Senat hatte der 73-jährige Draghi 262 Ja-Stimmen erhalten. 40 Senatoren und Senatorinnen votierten gegen seine neue Regierung, in der fast alle Parteien von rechts bis links vertreten sind. Nur die rechtsextremen Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) haben eine scharfe Opposition angekündigt.
Aussenminister Luigi Di Maio von der mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung schrieb am Donnerstagabend nach dem Votum auf Facebook: «Ohne Streit, ohne Kontroversen. Jetzt brauchen wir Ergebnisse für Italien.» Allerdings ist seine Partei ein Problemkind der neuen Regierung. Bei beiden Voten gab es in den Reihen der populistischen Bewegung Abweichler, die mit Nein stimmten oder sich enthielten. Das sorgt bei den Sternen für Streit und führte prompt zu mehr als einem Dutzend Rauswürfen aus der Fraktion.
Draghis neue Allianz ist bereits die dritte Regierung der aktuellen Legislaturperiode. Die nächsten regulären Parlamentswahlen in dem 60-Millionen-Einwohner-Land sind für 2023 geplant. Das heisst: Der langjährige Währungshüter hat mit seinem Team nicht besonders viel Zeit, um die von ihm angepeilten, anspruchsvollen Reformprojekte umzusetzen.
Im Zentrum der nächsten Regierungsmonate dürfte der Kampf gegen die Corona-Krise stehen, die auch in Italien grassierenden Virusvarianten verschärfen die Lage zusätzlich. Ausserdem brach die Wirtschaftsleistung des Mittelmeerlands 2020 um rund neun Prozent ein - und damit stärker als zum Beispiel die Deutschlands.
Der Neu-Politiker Draghi hatte am Mittwoch im Senat erstmals seine politische Agenda vorgestellt. Er kündigte eine schnellere Impfkampagne an, plant zudem Reformen in der Wirtschaft, der Verwaltung und im Steuersystem. Priorität hat nach seinen Worten zunächst das Aufstellen eines verlässlichen Plans, um Italien die rund 209 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds aus Brüssel zu sichern.
Am vergangenen Samstag hatte Staatschef Sergio Mattarella den Ökonomen und sein Kabinett aus Berufspolitikern sowie parteilosen Experten vereidigt. Die alte Mitte-Links-Regierung unter Ministerpräsident Giuseppe Conte hatte Mitte Januar im Streit um die EU-Hilfen ihre Mehrheit verloren. Conte trat wenig später zurück.
(SDA)