Der Sars-Erreger von 2002 (Sars-CoV) und das neue Coronavirus Sars-CoV-2 ähneln sich genetisch stark und benutzen denselben Rezeptor, um menschliche Zellen zu kapern. Trotzdem unterscheiden sie sich hinsichtlich Infektiösität und Krankheitsverlauf deutlich.
Ein Team um den Virologen Ronald Dijkman von der Universität Bern untersuchte nun in menschlichen Epithelzellen aus den Atemwegen, wie sich unterschiedliche Temperaturen auf eine Infektion mit den beiden Atemwegsviren auswirken. Von den Ergebnissen berichten sie im Fachmagazin «PLOS Biology».
In den oberen und unteren Atemwegen des Menschen herrschen unterschiedliche Temperaturen: In den oberen Atemwegen, also etwa in der Nasenhöhle oder dem Rachen, sind es 33 Grad. Die unteren Atemwege, beispielsweise die Bronchien, weisen Temperaturen von etwa 37 Grad auf.
Die Studie mit den Zellversuche zeigte demnach, dass sich Sars-CoV-2 sehr effizient bei Temperaturen der oberen Atemwege vermehrt. Bei 37 Grad hingegen wurde die angeborene Immunantwort der Epithelzellen stärker stimuliert und das Virus wirkungsvoller bekämpft. Dies kann allerdings bei Infizierten zu einer überschiessenden Immunreaktion und schweren Krankheitsverläufen führen.
Anders Sars-CoV: Das Virus replizierte sich sowohl bei 33 als auch bei 37 Grad über den gesamten Infektionsverlauf ähnlich stark. Die Krankheit dieses Sars-Erregers zeichnet sich insbesondere durch eine schwere Erkrankung und Entzündung der unteren Atemwege aus.
«Die detaillierte Analyse der Vermehrung von Sars-CoV-2 und der temperaturbedingten Unterschiede in der angeborenen Immunabwehr könnten erklären, warum sich Sars-CoV-2 so gut in den oberen Atemwegen ausbreitet und warum es leichter übertragen wird als Sars-CoV», sagte Dijkman gemäss einer Mitteilung der Uni Bern vom Mittwoch. Anders als Sars-CoV-2 überträgt sich der Sars-Erreger von 2002 erst nach dem Ausbruch der Krankheit.
Ein detailliertes Bild der Schlüsselfaktoren, die den Kampf zwischen Virus und infizierten Zellen beeinflussen, eröffnet gemäss der Uni Bern neue Ansatzpunkte, um Wirkstoffe gegen Coronavirus-Infektionen zu entwickeln.
https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3001158
(SDA)