Venezuela
Schöner Schein im Krisenstaat: Miss Venezuela gekrönt

Mitten in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise ist in Venezuela eine neue Schönheitskönigin gewählt worden. Die 19-jährige Marketingstudentin Thalia Olvino aus dem Bundesstaat Delta Amacuro wurde am Donnerstag zur Miss Venezuela gekrönt.
Publiziert: 02.08.2019 um 06:13 Uhr

Ende des Jahres soll sie das südamerikanische Land bei der Wahl zur Miss Universe vertreten. Erstmals wurden bei der Miss-Venezuela-Wahl in diesem Jahr die Körpermasse der Teilnehmerinnen nicht veröffentlicht. «Die Schönheit der Frau sollte nicht in Schubladen gepresst werden», sagte die frühere Miss Venezuela, María Gabriela Isler. «Die Schönheit einer Frau ist nicht 90-60-90.»

Venezuela ist eine Supermacht im internationalen Geschäft mit der Schönheit. Sieben Miss Universe und sechs Miss World stammen aus dem südamerikanischen Land. Um die Auswahl und das Training von Models und Schönheitsköniginnen ist in Venezuela eine ganze Industrie entstanden.

Allerdings steckt das Land in einer schweren Krise. Seit Monaten liefern sich Staatschef Nicolás Maduro und der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó einen erbitterten Machtkampf. Aus Mangel an Devisen können zudem kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importiert werden. Millionen Venezolaner haben ihre Heimat bereits verlassen.

Die Krise macht auch vor dem Miss-Venezuela-Wettbewerb nicht Halt. Während die Show früher bis zu fünf Stunden dauerte, wurde sie in diesem Jahr auf rund drei Stunden gekürzt. Statt bis zu 15 000 Live-Zuschauer waren diesmal nur etwa 300 Gäste als Publikum geladen.

«Wir wissen, dass wir uns in einer schwierigen Lage befinden, das ganze Land ist in einer komplizierten Situation», sagte zuletzt die Geschäftsführerin der Miss-Venezuela-Wahl, Nina Sicilia. «Aber wir können nicht einfach das Licht ausschalten und die Tür zumachen. Das Land muss weiter funktionieren.»

Für Ex-Miss Isler sind die Schönheitswettbewerbe eine wichtige Stütze für die am Boden liegende Wirtschaft Venezuelas. «Das Geschäft gibt Tausenden Menschen Arbeit. Ihr tägliches Brot hängt davon ab», sagte die Miss Universe von 2013. «Ihre Möglichkeit, sich ein Leben aufzubauen, vielleicht auch ausserhalb von Venezuela, hängt davon ab. Es ist ein wunderbares Sprungbrett für viele Menschen.»

Die vorherige Miss Venezuela, Isabella Rodríguez, beispielsweise stammt aus Petare. Das Elendsviertel am Rande von Caracas gilt als der grösste Slum Lateinamerikas. «Stellt euch vor: Von Petare in die Welt. Träume können tatsächlich Wirklichkeit werden», sagte sie bei ihrer Krönung.

Doch auch eine Schönheitskönigin bleibt von der harten Realität in Venezuela nicht verschont. Mehrfach wurde Rodríguez bereits Zeugin brutaler Gewalt in ihrem Viertel, sie kennt den Hunger, die Suche nach Medikamenten, die Angst. Zwei ihrer Brüder haben auf der Suche nach Arbeit das Land bereits verlassen.

Anfang des Jahres ging auch Rodríguez gegen die sozialistische Regierung von Staatschef Maduro auf die Strasse. «Ich schliesse mich an, und gemeinsam rufen wir nach Freiheit. Ich bin die Stimme jener, die nichts zu Essen und keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben», schrieb sie bei Instagram neben einem Foto, das sie mit der venezolanischen Flagge über der Schulter bei einem Protestzug zeigt. «Nur weil ich eine Krone auf dem Kopf habe, heisst das nicht, dass ich in einer Luxus-Blase lebe. Wir alle wollen Chancen bekommen und unseren Traum leben, der Venezuela heisst.»

(SDA)

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