Die Kongresskammer verabschiedete am Dienstag mit einer klaren Mehrheit von 405 zu 11 Stimmen eine entsprechende Resolution. In dem Beschluss heisst es, die USA würden den Völkermord an den Armeniern anerkennen und die Tötung von 1,5 Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich verurteilen.
Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches erklärte am Mittwoch, die Regierung und das Volk hielten die Resolution für «völlig null und nichtig". Die Türkei gesteht zwar den Tod von 300'000 bis 500'000 Armeniern während des Krieges zu, weist aber die Einstufung als Völkermord strikt zurück.
Während des Ersten Weltkrieges waren Armenier systematisch verfolgt worden und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern.
Die Sprecherin der Parlamentskammer, Nancy Pelosi, begrüsste das Votum des Repräsentantenhauses. Es gehe darum, an eine der schlimmsten Gräueltaten des 20. Jahrhunderts zu erinnern. «Heute hat eine überwältigend überparteiliche Mehrheit dafür gesorgt, dass die Wahrheit für immer in das Kongressprotokoll aufgenommen wird», twitterte sie. Zu oft sei die tragische Realität des Völkermords an den Armeniern geleugnet worden.
Die Türkei, die den Begriff Völkermord zurückweist, reagierte erbost auf die Verabschiedung der Resolution. Der Beschluss des Repräsentantenhauses gefährde die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA in Zeiten grosser Risiken für die internationale und regionale Sicherheit.
Das türkische Aussenministerium erklärte der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge, die Resolution sei offenbar «für den inländischen Konsum verfasst und herausgegeben» worden und habe keine «historische oder rechtliche Grundlage". Sie sei rechtlich nicht bindend und ein «bedeutungsloser politischer Schritt". Sie richte sich nur an die armenische Lobby und anti-türkische Gruppen.
Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu warf den USA via Twitter vor, die «antiquierte Resolution» sei Rache für die türkische Militäroffensive in Nordsyrien. «Kreise, die glauben, dass sie sich auf diese Weise rächen werden, irren sich.»
Durch die Militäroffensive gegen kurdische Kämpfer in Nordsyrien hatten sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern stark verschlechtert. Das türkische Militär war mit verbündeten Rebellen am 9. Oktober in Nordsyrien einmarschiert. Ankara betrachtet die Kurdenmiliz YPG als Terrororganisation. Für die USA waren die von der YPG geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) ein wichtiger Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der Abzug von US-Truppen aus Nordsyrien hatten den Einmarsch der Türkei erst möglich gemacht.
Als erstes grosses europäisches Land hatte Frankreich 2001 die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich offiziell als Völkermord eingestuft. Eine ganze Reihe weiterer Staaten - zumeist die Parlamente - werten das Blutbad an den Armeniern als Völkermord, darunter die Schweiz, Deutschland, Russland und die Niederlande. Die Südkaukasusrepublik Armenien fordert seit langem von der Türkei, die Gräueltaten als Genozid anzuerkennen.
(SDA)