Vergangenen Sonntag jährte sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 74. Mal. Als die Rote Armee auf ihrem Vorstoss gegen Westen das KZ in Polen erreichte, hatten die nationalsozialistischen Henker dort mehr als eine Million Menschen ermordet. Die meisten Opfer waren Juden.
Allen Augenzeugenberichten und aller historischer Forschung zum Trotz: Am ganz rechten Rand, unter Neonazis und Verschwörungstheoretikern, zirkulieren bis heute krude «Thesen», die die Schrecken von Auschwitz leugnen und den Holocaust mit seinen sechs Millionen Opfern bestreiten. Die Schriften, auf die sich die Rechtsextremen stützen, haben mit seriöser Geschichtswissenschaft freilich nichts zu tun.
Auch bei Weltbild
Man müsste diesen dumpfen Beleidigungen der Opfer keine Beachtung schenken – würden nicht auch seriöse Plattformen diese vertreiben. So geschehen in der letzten Woche: Auf orellfüssli.ch und weltbild.ch wurde das E-Book «Der Auschwitz-Mythos» zum Verkauf angeboten. Schon der Artikelbeschrieb lässt tief blicken: Die Nürnberger Prozesse gegen die Nazi-Kriegsverbrecher sind für den Verfasser nichts als «alliierte Siegerjustiz».
Die deutschen Behörden beschlagnahmten das Buch kurz nach seinem Erscheinen 1979.
Geschrieben hat es der Deutsche Wilhelm Stäglich (1916–2006), ein langjähriges Mitglied der NPD. Die Schweizer Anbieter haben Stäglichs Machwerk, das ansonsten auf einschlägigen Internetplattformen zirkuliert, inzwischen aus ihren Katalogen gestrichen.
Orell Füssli hat es «übersehen»
«Das Buch war seit 2017 in unserem Onlineshop, ohne dass jedoch Verkäufe getätigt worden sind», sagt Orell-Füssli-Sprecher Alfredo Schilirò. «Trotz sorgfältiger und regelmässiger stichwortartiger manueller Prüfung» der rund elf Millionen online verfügbaren Titel sei der Text übersehen worden, bedauert er.
Nachdem ein Hinweis der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) eingegangen sei, «haben wir den Titel danach unverzüglich aus unserem Onlineshop entfernt». Orell Füssli habe sich für den Hinweis bedankt und sich entschuldigt. «Infolge des Vorfalls werden wir unsere internen Kontrollmechanismen überprüfen, so dass wir solche ernste Vorkommnisse künftig ausschliessen können», erklärt Schilirò.
Auch weltbild.ch sperrte den Titel sofort. Und geht nun ebenfalls über die Bücher: «Wir schauen uns die internen Kontrollverfahren nochmals an, um ähnliche Fehler für die Zukunft noch besser zu vermeiden, und haben auch die Lieferanten nochmals sensibilisiert», so Sprecherin Eva Grosskinsky.