«Am vergangenen 30. Juni beliefen sich die Schulden von Campione gegenüber dem Kanton Tessin und privaten Firmen auf etwa fünf Millionen Franken», sagte Francesco Quattrini, Delegierter des Regierungsrates für Aussenbeziehungen des Südkantons, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Gemäss den verfügbaren Informationen müssten mit dem zur Verfügung gestellten Geld in erster Linie Gemeindeangestellte bezahlt werden, führte Quattrini aus. Von den Tessiner Gläubigern erhielten private Unternehmen - die Schifffahrtsgesellschaft Luganersee sowie das Unternehmen, das den Abfall einsammle und abhole - Vorrang.
Der Kanton Tessin hat sich abgesichert. Er entschied Ende Juni, von den 84,3 Millionen Franken an Quellensteuern von Grenzgängern, die er an Italien überweisen muss, 3,8 Millionen Franken als Garantie zu blockieren. Grundlage für die Zahlungen an Italien ist ein Abkommen der Schweiz mit Italien von 1974.
Anordnungen wurden nun getroffen, sagte Giorgio Zanzi am Montag im Tessiner Radio und Fernsehen (RSI). Zanzi wurde nach dem Konkurs des gemeindeeigenen Casinos von Campione d'Italia von Rom beauftragt, die Enklave zu führen.
Zahlungsanweisungen würden für wesentliche Dienste ausgestellt, etwa Transporte und die Müllabfuhr, erklärte Zanzi in dem Interview. Es dürfte um eine Tranche von 100'000 Franken gehen von den mehreren Tessiner Firmen insgesamt geschuldeten 1,2 Millionen Franken.
Die Zukunft des wirtschaftlich schwer angeschlagenen Campione d'Italia hängt - unabhängig von der Zukunft des Casinos - an dessen künftigem Zollstatus. Am kommenden 1. Januar soll die italienische Enklave ins Zollgebiet der EU übergehen.
Konkret bedeutet das für die Einwohnerinnen und Einwohner von Campione, dass sie nicht mehr mit im Tessin immatrikulierten Autos fahren dürfen, nicht mehr vom Schweizer Währungssystem abhängen und keine Leistungen der Schweiz mehr nutzen können.
«Sollte das Casino tatsächlich nie mehr öffnen, riskieren wir eine radikale Veränderung, einen Massenexodus, den Tod einer Gemeinschaft und damit das Ende von 1300 Jahren Geschichte, zum grössten Leidwesen der Einwohnerinnen», blickt Quattrini in die Zukunft.
Wenig optimistisch ist auch Paolo Bortoluzzi, früher Angestellter im Casino und Gewerkschafter. Mit seinen Kollegen hat er vor den Toren der geschlossenen Spielbank seit der Schliessung unermüdlich Pikett gestanden. Nach dem Konkurs des Casinos verloren 469 Beschäftigte ihre Stelle und ihren Verdienst.
«Wir warten darauf, dass die italienische Regierung Stellung nimmt zum Bericht, den der ausserordentliche Kommissar Maurizio Bruschi zu einer allfälligen Wiedereröffnung des Casinos verfasst hat», sagt Bortoluzzi zu Keystone-SDA. Die Lage sei dramatisch.
Zahlreiche seiner früheren Arbeitskollegen hätten kein Geld mehr für die Miete, die Hypothek und wohl auch bald für das Essen. Sie müssten wohl ihr Glück anderswo suchen. Auch er selber werde rasch einen Entscheid treffen müssen, sagt er. Er habe zwei Kinder im Teenager-Alter und sein Erspartes sei praktisch ausgeschöpft.
(SDA)