Hunderttausende schieben sich auf den Platz vor dem Petersdom in Rom. Sie alle wollen dabei sein, wenn Mutter Teresa aus Kalkutta heiliggesprochen wird.
Gestern um 10.30 Uhr: Papst Franziskus erhebt die Stimme. Ein Raunen geht durch die Menge. Dann lauschen alle der Formel des Pontifex. Aus Mutter Teresa wird die heilige Teresa.
Unter den Pilgern sind Albaner aus aller Welt. Auch aus der Schweiz sind sie angereist. Nicht nur gläubige Katholiken, viele sind Muslime. Denn die «heilige Teresa aus Kalkutta» ist ihre Landsmännin. Sie wurde als Anjezë Gonxha Bojaxhiu in Skopje geboren. Ihr Leben widmete sie den Armen und Kranken in Indien.
«Wir platzen vor Stolz», sagt Deli Hasani (58), «der liebe Gott hat uns Albanern eine solche Frau geschenkt. Wir danken ihm dafür.» Einige seiner Freunde seien nach Rom gefahren. Doch vielleicht war der Wirt Mutter Teresa sogar noch ein Stück näher. Denn: Der Besitzer der Zürcher Pizzeria Milano führt in San Bernardino GR ein Berghaus. Hasani ist auf 2000 Meter Höhe, als die Ordensfrau im Himmel zur Heiligen wird. «Ich habe TV-Empfang. Wir verfolgten die Messe live am Bildschirm.»
Seit 20 Jahren verehrt er die berühmteste Nonne der Welt. In der Beiz hängt sogar ein Bild von der, wie Deli Hasani sie nennt, «kleinen grossen Frau».
Albert Ramaj (45) ist mit Mutter Teresa aufgewachsen. «Ein Verwandter von uns hatte sie einst getauft», erzählt der Katechet aus St. Gallen. Mutter Teresa habe in seiner Heimat, dem Wallfahrtsort Lednica, entschieden, Nonne zu werden. «Ich habe sie 1994 bei einer Papstaudienz in Rom kennengelernt», schwärmt der studierte Theologe. Seither stöbert er in Schweizer Archiven nach Briefen und Unterlagen der Friedensnobelpreisträgerin.
«Die Schweiz liebt Mutter Teresa. Zwischen 1965 und 1993 wurden 45 Millionen Franken an sie gespendet», sagt Ramaj. Seine Schätze werden ab 24. September im Luzerner Staatsarchiv ausgestellt.
Pal Shtufi (56) ist nicht gerade ein Kirchgänger, doch die Heiligsprechung von Mutter Teresa findet der albanische Journalist wunderbar: «Sie kommt zur richtigen Zeit. Sie tut den Albanern gut. Und nicht nur ihnen.»
Mutter Teresa habe für Frieden und Liebe gelebt. Werte, die die heutige Gesellschaft dringend brauche, sagt der Herausgeber der einstigen albanischen Zeitung «Albsuisse». Dann dringt der Stolz wieder durch. «Heute schaut die ganze Welt auf eine Albanerin, die heiliggesprochen wurde», sagt Pal Shtufi, «das ist doch toll.»