Ute B.* (57) rauchte gerade eine Zigarette auf dem Gartensitzplatz vor ihrem Einfamilienhaus in Eschlikon TG. Da tauchten aus dem Nichts zwei Gestalten auf, schwarz gekleidet, mit Skimützen vermummt. «Sie hielten mir eine Pistole an den Kopf», erinnert sich die Frau an den Abend des 3. November 2015. Mit vorgehaltener Waffe zwangen die Maskierten die Frau ins Haus. Dort sass ihr Mann vor dem Fernseher.
«Die Räuber fesselten uns», sagt Ute B. Dann durchsuchten sie das Einfamilienhaus. «Sie flüsterten miteinander. In einer Sprache, die ich nicht verstand.» Ute B. glaubt, dass die Kriminellen das letzte Haus im Bruggweierquartier gezielt ausgesucht haben – denn von der Nachbarschaft ist es nicht einsehbar. Erst nach zwei Stunden war der Horror vorbei: Die beiden Männer flüchteten mit Uhren und Schmuck im Wert von mehreren Zehntausend Franken – und dem Auto ihrer Opfer. Den Wagen fand die Polizei einen Tag später im Nachbardorf.
Einbrecher, die kommen, wenn die Bewohner zu Hause sind: Die Polizei spricht von einem neuen Phänomen. Mehrere Fälle aus der Schweiz sind bekannt: Vier Wochen nach dem Einbruch in Eschlikon schlugen wieder zwei Räuber zu, diesmal in Tobel TG. Als Unternehmer Alex H.* (63) am Abend gegen 19.30 Uhr nach Hause kam, überfielen ihn die Einbrecher vor der Tür. Sie hielten ihm die Pistole an den Kopf und verschafften sich Zutritt zu dem Einfamilienhaus.
Wie in Eschlikon fesselten sie Alex H. und seine Frau, durchsuchten das Haus, klauten Schmuck und Uhren und flüchteten mit dem Auto der Hausbesitzer.
Jetzt bestätigt die Kantonspolizei Thurgau erstmals: «Spuren in Eschlikon und Tobel sprechen für die gleiche Täterschaft.» Weitere Raubüberfalle auch in anderen Kantonen wurden laut Polizeisprecher Daniel Metzler in die Ermittlungen einbezogen.
Untersucht die Polizei auch Verbindungen zum Rätselmord von Rupperswil AG? Dort wurden am 21. Dezember, drei Wochen nach dem Überfall in Tobel, vier Menschen in ihrem Haus gefesselt und ermordet. Anschliessend legten die Täter Feuer. Noch immer gibt es keine Hinweise auf die Täter, die Polizei schliesst einen Raubüberfall nicht aus. Die Ermittler aus dem Thurgau wollen «aus ermittlungstaktischen Gründen» nicht sagen, welche weiteren Fälle sie prüfen. Fakt ist: Die Serie brach nicht ab. Vier Tage nach der Bluttat von Rupperswil überfiellen mehrere Räuber ein älteres Ehepaar in ihrem Einfamilienhaus in Sullens VD. Hier verschafften sich die Täter mit einem Einbruch Zutritt zum Haus, fesselten und misshandelten die Frau, weil sie Widerstand leistete. Ihr Mann lag bewusstlos neben ihr, als die Tochter die beiden im Schlafzimmer fand.
Deutsche Ermittler sind hellhörig geworden: Mit einer ähnlichen Serie von Raubüberfällen sah sich im Herbst 2010 die Region um Aschaffenburg (D) konfrontiert. Räuber suchten sich Einfamilienhäuser aus, deren Bewohner zu Hause waren. Drei Mal schlugen die Täter zu, doch auch die zehnköpfige Sonderkommission «Trio» kam den Tätern nicht auf die Spur. Unheimlich: Bei einem Überfall am 21. November 2010 drangen drei maskierte Männer in das Haus eines Gastwirts ein, bedrohten ihn und seine Frau mit Pistole und Messer und fesselten sie. Medienberichten zufolge sollen die Räuber den Mann mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen haben und ihm gedroht haben, ihn anzuzünden, wenn er nicht die Geheimnummern seiner Bankkarten verrate. Suchen die Polizeien in Deutschland und in der Schweiz nach ein und denselben Tätern? l
*Namen der Redaktion bekannt
Gegen einen Raubüberfall, wie ihn Ute B. (57) aus Eschlikon TG erlebt hat, nützt eine Alarmanlage nichts. Wie kann man sich trotzdem wappnen? Die Polizei rät, die Augen offen zu halten: Beobachte man fremde Leute, die sich seltsam verhielten, solle man die 117 wählen, sagt der Sprecher der Kapo Thurgau, Daniel Metzler (41). «Wir können dann eine Patrouille zur Kontrolle schicken.» Ausserdem bestehe die Möglichkeit, Bewegungsmelder und Lichter zu installieren. So sehen die Nachbarn, wenn jemand ums Haus schleicht.
Gegen einen Raubüberfall, wie ihn Ute B. (57) aus Eschlikon TG erlebt hat, nützt eine Alarmanlage nichts. Wie kann man sich trotzdem wappnen? Die Polizei rät, die Augen offen zu halten: Beobachte man fremde Leute, die sich seltsam verhielten, solle man die 117 wählen, sagt der Sprecher der Kapo Thurgau, Daniel Metzler (41). «Wir können dann eine Patrouille zur Kontrolle schicken.» Ausserdem bestehe die Möglichkeit, Bewegungsmelder und Lichter zu installieren. So sehen die Nachbarn, wenn jemand ums Haus schleicht.