Syrien
Längere Waffenruhe und Patrouillen für Nordsyrien

Russland und die Türkei haben für den Norden Syriens in mehr als sechsstündigen Verhandlungen eine längere Waffenruhe ausgehandelt. Sie vereinbarten zudem gemeinsame Patrouillen in der Region.
Publiziert: 22.10.2019 um 19:06 Uhr
|
Aktualisiert: 22.10.2019 um 20:10 Uhr
Nach dem international umstrittenen Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien ist der türkische Präsident Erdogan in Sotschi vom russischen Präsidenten Putin zu Gesprächen empfangen worden.
Foto: SERGEI CHIRIKOV

Das teilte der russische Aussenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Sotschi mit. Die Feuerpause, die am Abend enden sollte, wurde um 150 Stunden - oder mehr als sechs Tage - bis kommenden Dienstag verlängert, teilte er nach einem Treffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin mit.

Die beiden Staatschefs hatten zuvor mehr als sechs Stunden Vier-Augen-Gespräche in dem Kurort am Schwarzen Meer geführt. Nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien steht Erdogan international in der Kritik.

Bei den Krisengesprächen ging es vor allem darum, wie die Lage im Norden Syriens normalisiert werden kann. Die Türkei hatte am 9. Oktober zusammen mit syrischen Rebellen einen Feldzug gegen die Kurdenmiliz YPG im Norden des Landes begonnen. Die Türkei betrachtet die YPG, die an der Grenze zur Türkei ein grosses Gebiet kontrolliert, als Terrororganisation.

Für die USA waren die Kurdenkämpfer lange enge Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien. Am vergangenen Donnerstag vereinbarten die USA und die Türkei eine 120 Stunden lange oder fünftägige Feuerpause, die von der Kurdenmiliz akzeptiert wurde. Die Feuerpause sollte der YPG Gelegenheit geben, sich aus einer Zone im Grenzgebiet zurückzuziehen, die die Türkei unter ihre alleinige Kontrolle bekommen möchte.

Die Türkei hatte ihren Einmarsch in Syrien damit begründet, dort eine rund 30 Kilometer breite und 400 Kilometer lange sogenannte Sicherheitszone einzurichten. Russland hatte Verständnis für die Sicherheitsinteressen des Landes gezeigt und zugleich gefordert, die territoriale Unversehrtheit Syriens zu achten.

«Die Situation in der Region ist nicht einfach, das verstehen wir alle», hatte Putin zum Auftakt der Gespräche am Nachmittag gesagt. Russland unterstützt im Syrien-Krieg vor allem den umstrittenen Machthaber Baschar al-Assad, pflegt aber als Vermittler auch enge Kontakte zur Türkei.

Während der türkischen Offensive hatten Moskau und Ankara betont, dass es nicht nur auf Präsidentenebene, sondern auch zwischen den Verteidigungs- und den Aussenministerien beider Länder Verbindungen gebe. Präsident Erdogan hatte vor den Gesprächen die Hoffnung geäussert, dass es Fortschritte geben könne. «Ich glaube daran, dass unser Treffen der «Offensive Friedensquelle» ernsthafte Chancen bringen wird», sagte er. Der syrische Machthaber Assad hatte Erdogan zuvor Diebstahl vorgeworfen.

Die Militäroffensive der Türkei stösst international auf scharfe Kritik. Ankara wurde dabei weder von der syrischen Regierung um Hilfe gebeten noch erteilte der Uno-Sicherheitsrat ein entsprechendes Mandat. Die Türkei begründet deshalb den Einmarsch mit dem Recht auf Selbstverteidigung. Unter anderen kam der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages aber zum Schluss, dass der Einmarsch im Widerspruch zum Völkerrecht stehe.

Die Präsidenten Putin und Erdogan hatten wiederholt betont, den Prozess für eine politische Lösung des Konflikts weiter voranzubringen. Dazu soll in Genf am 30. Oktober erstmals auch der neue Verfassungsausschuss für Reformen in Syrien tagen. Das Komitee besteht aus Vertretern der syrischen Regierung um Assad und der Opposition.

Russland und die Türkei organisieren mit dem Iran seit 2017 im sogenannten Astana-Format Friedensgespräche für eine Lösung des Syrien-Kriegs. Benannt ist das Format nach Astana, der Hauptstadt der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan. Die Stadt in Zentralasien heisst inzwischen Nur-Sultan. Im Syrien-Krieg steht Russland auf der Seite Assads und tritt zugleich als Vermittler für alle Gruppen auf. Die Türkei dagegen unterstützt die syrische Opposition.

(SDA)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?