Dies sagte ein Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) am Dienstag, die das Dorf Baghus seit Tagen unter Beschuss hat. Zuletzt hatte ein SDF-Sprecher geschätzt, dass noch 1000 bis 1500 Dschihadisten in dem Dorf am Euphrat seien. Die in Grossbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach hingegen von 350 Menschen, die sich ergeben hätten. Darunter seien 120 IS-Kämpfer gewesen.
Seit dem Beginn der Belagerung der Ortschaft an der irakischen Grenze im Dezember verliessen laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte fast 59'000 Menschen die letzte IS-Bastion. Jeder Zehnte war demnach ein IS-Kämpfer.
Laut dem SDF-Sprecher Adnan Afrin werden die Dschihadisten nun aus Baghus geholt und zu einem nahegelegenen Kontrollposten gebracht, um dort durchsucht und befragt zu werden.
Der Sieg über die Dschihadisten sei sehr nah, sagte ein SDF-Sprecher. «Sobald unsere Truppen bestätigen, dass alle sich ergeben haben, die dies tun wollen, werden die Kämpfe weitergehen.» Die Kurdenmiliz hatte die Offensive gegen Baghus am Sonntag wieder aufgenommen, die sie für die Evakuierung Tausender Zivilisten unterbrochen hatte. Die Truppen belagern den Ort, die letzte Bastion des IS in der Region, seit Wochen.
Die IS-Kämpfer in Baghus haben sich auch in Tunnelsystemen unter der Stadt verschanzt. Die USA gehen jedoch davon aus, dass die höherrangigen Anführer der Extremistenmiliz inzwischen geflohen sind. Baghus ist der letzte Rest dessen, was der IS zu seinem Kalifat in Syrien und im Irak erklärt hatte. Kämpfer der Miliz sind allerdings in abgelegenen Gebieten noch immer aktiv. Sie gelten weiter als Bedrohung für die Sicherheitslage.
Die Terrororganisation ihrerseits rief ihre Kämpfer in einer Videobotschaft zum Durchhalten auf. «Auch wenn uns nur noch wenige Kilometer bleiben und gesagt wird, wir hätten verloren, sind Gottes Beurteilungskriterien doch andere", sagt in dem am Montagabend auf den dschihadistischen Propagandakanälen verbreiteten Video ein Mann mit einem schwarz-weissen Kopftuch.
Die SDF-Truppen hatten am Wochenende mit dem mehrfach verschobenen Sturm auf Baghus begonnen, nachdem ihren Erkenntnissen zufolge sämtliche Zivilisten den Ort verlassen hatten. Der Fall von Baghus wäre ein Meilenstein im Kampf gegen die IS-Miliz, die 2014 weite Teile des Irak sowie Syriens eingenommen und dort ein Kalifat ausgerufen hatte.
Seit 2017 wurde der IS aus immer mehr Gebieten verdrängt. Wird Baghus von den SDF-Rebellen eingenommen, verbleibt nur noch eine abgelegene kaum besiedelte Region westlich des Euphrats in der Hand der IS-Kämpfer, die inmitten eines von der syrischen Armee kontrollierten Gebietes liegt.
Zum Auftakt einer dreitägigen Syrien-Konferenz in Brüssel forderte derweil die Hilfsorganisation Oxfam mehr Geld für die Erneuerung lebenswichtiger Infrastruktur in dem Bürgerkriegsland. Oxfam warf Geldgebern vor, hauptsächlich kurzfristige Nothilfe zu leisten, wie es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht heisst.
Als Beispiel nennt Oxfam, dass Geldgeber Hilfsorganisationen eher unterstützten, um Brote zu verteilen als um die Stromversorgung einer Bäckerei herzustellen. Dabei würde eine Bäckerei ausserdem Jobs vor Ort schaffen. Ein weiteres Beispiel sei, dass Wasser in grossen Mengen zu durstigen Menschen gefahren wird statt dass ein Brunnen repariert wird. Diese Art der Hilfe orientiere sich nicht an den Bedürfnissen der Menschen in Syrien, kritisierte Oxfam zum Auftakt der Konferenz am Dienstag.
Die EU argumentiert hingegen, dass sie mit ihrer Entwicklungshilfe auf keinen Fall Machthaber Baschar al-Assad unterstützen wolle. «Unsere Bedingung ist sehr klar", hiess es bereits vor der Geberkonferenz aus EU-Kreisen. «Wir fangen nicht an, Syrien wiederaufzubauen ohne einen sinnvollen politischen Übergang.» Die EU unterstützt die Bemühungen der Vereinten Nationen für einen politischen Übergang und ist einer der grössten Geldgeber Syriens sowie der Region.
Bei der Syrien-Konferenz der EU und der Vereinten Nationen in Brüssel sollen am Donnerstag auf Ministerebene neue Hilfsgelder für Syrien gesammelt werden. Im vergangenen Jahr versprachen Geldgeber 4,3 Milliarden Dollar, gaben schliesslich aber 6 Milliarden Dollar. Zum Auftakt der Konferenz diskutierten am Dienstag im Europaparlament Menschen aus der Region mit Vertretern der Politik und von Hilfsorganisationen.