Vertreter beider Seiten unterzeichneten am Mittwochmorgen in einem Luxushotel der Hauptstadt Khartum ein Abkommen für die Bildung einer Übergangsregierung, die drei Jahre und drei Monate im Amt bleiben soll. An den zähen Verhandlungen waren das Nachbarland Äthiopien und die Afrikanische Union (AU) massgeblich beteiligt.
Die Einigung sei ein «historischer» Moment, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Militärrats, General Mohammed Hamdan Dagalo. AU-Vermittler Mohamed El Hacen Lebatt sprach von einem «entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Aussöhnung».
Wie sieht die Übergangsregierung im Sudan aus?
In der von beiden Seiten unterzeichneten «politischen Erklärung» wird die Übergangsregierung als «souveräner Rat» bezeichnet. Das Gremium soll aus sechs Zivilisten und fünf Militärs bestehen. Es soll zunächst 21 Monate von einem Militär, sodann 18 Monate von einem Zivilisten geleitet werden.
Der Einigung gingen monatelange Unruhen voraus. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen wurden am 3. Juni bei einem Militäreinsatz nach Angaben von Ärzten 136 Menschen getötet und mehrere hundert weitere verletzt. Am 11. April war der langjährige Staatschef Omar al-Baschir gestürzt worden. Danach übernahm der Militärrat die Macht.
Es braucht eine neue Verfassung
Die Einigung vom Mittwoch ist nur ein erster Baustein für eine Überwindung der politischen Krise der vergangenen Monate. Am Freitag sollen Beratungen über die sudanesische Verfassung beginnen. Ungeklärt sind die Bildung eines Parlaments und der von der Protestbewegung geforderte Abzug von Milizen aus Khartum.
Hohes Konfliktpotenzial hat die Frage einer Immunität für die Militärs, die an den Gewalttaten der vergangenen Monate beteiligt waren. Die Generäle verlangten bei den Verhandlungen in der Nacht zum Mittwoch eine «vollständige Immunität». Dies wurde von Ahmed al-Rabiah und Ismail al-Taj, zwei Vertretern der Protestbewegung, zurückgewiesen. (SDA)
Die Lage im Sudan ist komplex. Nach dem Sturz des Präsidenten Omar al-Baschir im April verhandelten Militärführung und Opposition über die sich nun abzeichnende friedliche Machtübergabe. Kompliziert war es auch, weil viele Akteure mit unterschiedlichen Interessen mitmischen. Wer ist wer - und wer will was?
Militärführung
Der militärische Übergangsrat besteht aus mehreren ranghohen Mitgliedern verschiedener Sicherheitsorgane im Sudan, etwa der Streitkräfte, des Sicherheitsdienstes (NISS) und der Schnellen Einsatztruppen (RSF). Viele von ihnen hatten zuvor Verbindungen zur Regierung von Al-Baschir. Anführer Abdel Fattah Burhan war einst die Nummer drei der sudanesischen Streitkräfte. Allerdings ist der Rat keine geschlossene Einheit, diverse Akteure ringen um die Oberhand.
Schnelle Einsatztruppen (RSF)
Die RSF sind zwar eine Einheit der Streitkräfte, agieren aber mit viel Autonomie. Sie bestehen weitgehend aus der Dschandschawid - einer arabischen Miliz, die im Darfur-Konflikt brutal gegen die Bevölkerung vorgegangen ist. Chef Mohammed Hamdan Daglu ("Hemeti") ist die Nummer zwei im Übergangsrat.
Opposition
Die Deklaration für Freiheit und Wandel ist ein Bündnis von Oppositionsgruppen, das nach dem Beginn der Proteste im Dezember gebildet wurde. Ihm gehören politische Parteien und Gewerkschaften an, darunter die SPA, die Lehrer, Ärzte und Anwälte vertritt. Die Gruppierung sieht sich als Vertreter der Demonstranten und verhandelte mit dem Militär über eine Übergangsregierung.
Demonstranten
Die Menschen, die gegen Al-Baschir und später gegen die militärische Übergangsregierung demonstrierten, kommen aus allen Gesellschaftsschichten. Getrieben wurden die Proteste jedoch von Lehrern, Ärzten und Professoren. Die traditionellen Oppositionsparteien waren weniger vertreten. Viele Demonstranten forderteten eine zivile Übergangsregierung und freie, faire Wahlen.
Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate (VAE)
Schon vor dem Sturz Al-Baschirs hatten die Golf-Staaten enge Beziehungen mit dem Sudan - so wie jetzt auch mit dem militärischen Übergangsrat. Im Jemen kämpfen Tausende sudanesische Truppen an Saudi-Arabiens Seite. Das Königreich unterstützt das Land mit Hilfen in Milliardenhöhe und will seinen Einfluss nutzen, um die Entwicklungen im Sudan zu seinen Gunsten zu steuern. Es will die Verfechter eines konservativen Islam stärken und zugleich verhindern, dass sich das Land mit seinen Rivalen wie Katar und Türkei verbrüdert. Zudem wollen sie und die VAE ein Überspringen der Protestbewegung auf andere Länder verhindern.
Ägypten
Kairo und Khartum sind alte Verbündete. Zwar hat die Beziehung in den vergangenen Jahren etwas gelitten, vor allem wegen eines Streits über einen Staudamm, den Äthiopien auf dem Blauen Nil baut. Doch nun steht Ägypten weitgehend hinter der Militärführung im Sudan und mischt sich ordentlich ein: Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU). Ägypten will in dem Nachbarland vor allem Einfluss bewahren, auch um ein Auge auf die islamistische Bewegung der Muslimbrüder dort zu haben.
Die Lage im Sudan ist komplex. Nach dem Sturz des Präsidenten Omar al-Baschir im April verhandelten Militärführung und Opposition über die sich nun abzeichnende friedliche Machtübergabe. Kompliziert war es auch, weil viele Akteure mit unterschiedlichen Interessen mitmischen. Wer ist wer - und wer will was?
Militärführung
Der militärische Übergangsrat besteht aus mehreren ranghohen Mitgliedern verschiedener Sicherheitsorgane im Sudan, etwa der Streitkräfte, des Sicherheitsdienstes (NISS) und der Schnellen Einsatztruppen (RSF). Viele von ihnen hatten zuvor Verbindungen zur Regierung von Al-Baschir. Anführer Abdel Fattah Burhan war einst die Nummer drei der sudanesischen Streitkräfte. Allerdings ist der Rat keine geschlossene Einheit, diverse Akteure ringen um die Oberhand.
Schnelle Einsatztruppen (RSF)
Die RSF sind zwar eine Einheit der Streitkräfte, agieren aber mit viel Autonomie. Sie bestehen weitgehend aus der Dschandschawid - einer arabischen Miliz, die im Darfur-Konflikt brutal gegen die Bevölkerung vorgegangen ist. Chef Mohammed Hamdan Daglu ("Hemeti") ist die Nummer zwei im Übergangsrat.
Opposition
Die Deklaration für Freiheit und Wandel ist ein Bündnis von Oppositionsgruppen, das nach dem Beginn der Proteste im Dezember gebildet wurde. Ihm gehören politische Parteien und Gewerkschaften an, darunter die SPA, die Lehrer, Ärzte und Anwälte vertritt. Die Gruppierung sieht sich als Vertreter der Demonstranten und verhandelte mit dem Militär über eine Übergangsregierung.
Demonstranten
Die Menschen, die gegen Al-Baschir und später gegen die militärische Übergangsregierung demonstrierten, kommen aus allen Gesellschaftsschichten. Getrieben wurden die Proteste jedoch von Lehrern, Ärzten und Professoren. Die traditionellen Oppositionsparteien waren weniger vertreten. Viele Demonstranten forderteten eine zivile Übergangsregierung und freie, faire Wahlen.
Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate (VAE)
Schon vor dem Sturz Al-Baschirs hatten die Golf-Staaten enge Beziehungen mit dem Sudan - so wie jetzt auch mit dem militärischen Übergangsrat. Im Jemen kämpfen Tausende sudanesische Truppen an Saudi-Arabiens Seite. Das Königreich unterstützt das Land mit Hilfen in Milliardenhöhe und will seinen Einfluss nutzen, um die Entwicklungen im Sudan zu seinen Gunsten zu steuern. Es will die Verfechter eines konservativen Islam stärken und zugleich verhindern, dass sich das Land mit seinen Rivalen wie Katar und Türkei verbrüdert. Zudem wollen sie und die VAE ein Überspringen der Protestbewegung auf andere Länder verhindern.
Ägypten
Kairo und Khartum sind alte Verbündete. Zwar hat die Beziehung in den vergangenen Jahren etwas gelitten, vor allem wegen eines Streits über einen Staudamm, den Äthiopien auf dem Blauen Nil baut. Doch nun steht Ägypten weitgehend hinter der Militärführung im Sudan und mischt sich ordentlich ein: Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU). Ägypten will in dem Nachbarland vor allem Einfluss bewahren, auch um ein Auge auf die islamistische Bewegung der Muslimbrüder dort zu haben.
Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.
US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.
Mit Putsch an die Macht
Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren.
Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»
Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan
Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus.
Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.
Abspaltung Südsudans
In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)
Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägen Gewalt und Konflikte. Während seiner Regierungszeit wurde der Sudan zum Paria-Staat.
US-Sanktionen und Haftbefehle des Weltstrafgerichtshofs schienen dem 75-Jährigen nichts auszumachen. Doch nun sind ihm die Massenproteste einer Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden.
Mit Putsch an die Macht
Al-Baschir wurde 1944 in Hosh Bonnaga nördlich der Hauptstadt Khartum nahe des Nils geboren und hatte eine lange Karriere im Militär. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Oppositionelle hatten wenig Möglichkeit, sich öffentlich zu positionieren.
Doch er habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.»
Baschir verschärfte Religionskonflikt im Sudan
Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in Khartum aus.
Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden getötet und Millionen vertrieben. Der Internationalen Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.
Abspaltung Südsudans
In die Herrschaft Al-Baschirs fällt aber auch das Ende eines über 20-jährigen Bürgerkrieges mit Rebellen im damaligen Südsudan. Die ölreiche Region spaltete sich letztendlich ab und wurde im Juli 2011 ein eigener Staat. (SDA)