SPÖ schiesst den eigenen Kanzler ab
Ösi-Wahlkampf so dreckig wie noch nie

Österreich wählt am Sonntag ein neues Parlament. Doch statt politischer Inhalte gibt es dort nur ein Thema: Die schmutzige Kampagne der Sozialdemokraten, orchestriert von einem dubiosen israelischen Offizier.
Publiziert: 09.10.2017 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:38 Uhr
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In Österreich tritt die sozialdemokratischen SPÖ mit dem Anspruch an, bei der Parlamentswahl Nummer eins zu werden. Das sagte Bundeskanzler Christian Kern am Donnerstagabend in Graz zum Auftakt des Wahlkampfs.
Foto: KEYSTONE/APA/APA/HANS PUNZ
Roman Rey

Er hätte das Ruder noch einmal herumreissen sollen: Die österreichischen Sozialdemokraten (SPÖ) und ihr Kanzler Christian Kern (51) lagen in Umfragen hinten und setzten alle Hoffnungen in Tal Silberstein (48). Der israelische Offizier, der für 500'000 Euro angeheuert wurde, gilt mit seinem militärischen Stil als Superstar unter den Kampagnenberatern. Dass er auch gerne mal unter die Gürtellinie zielt, nahm man billigend in Kauf.

Der Schuss ging jetzt nach hinten los. Wenige Tage vor der Parlamentswahl am Sonntag steht die Partei vor einem Scherbenhaufen. Statt zur stärksten Kraft zu werden, muss sie sogar um Platz zwei hinter der konservativen ÖVP und deren Kandidat Sebastian Kurz (31) zittern.

Üble Schmutzkampagne auf Facebook

Vor einer Woche kam aus, dass Silberstein und sein Team den Kanzlerkonkurrenten Kurz mit zwei Facebook-Seiten durch den Dreck zogen und Fake News verbreiteten. Die Seite «Die Wahrheit über Sebastian Kurz» nannte den Aussenminister und ÖVP-Chef «Fake-Basti» und stellte ihn als Befürworter der Flüchtlingsbewegung dar.

Bei der zweiten Facebook-Seite «Wir für Sebastian Kurz» wurde so getan, als stamme sie von Kurz-Anhängern. In Wahrheit wollten die Betreiber mit extremen Inhalten liberale Wähler von Kurz fern halten. Eine Umfrage etwa lautete: «Zigtausende Migranten warten in Italien. NGOs drohen die Menschen nach Österreich zu bringen. Soll Österreich sich das gefallen lassen?»

Nur ein Kapitel in einem von Skandalen verseuchten Wahlkampf. Die SPÖ wirft einer Übersetzerin aus dem Silberstein-Team vor, als Maulwurf Informationen über die Schmutzkampagne an den Gegner geliefert zu haben. Und: Ein Berater aus Silbersteins SPÖ-Facebook-Truppe, der früher für die ÖVP arbeitete, soll von dort ein 100'000-Euro-Angebot für einen neuerlichen Seitenwechsel bekommen haben. 

Wenn zwei sich streiten ...

Kanzler Kern will von den Facebook-Aktivitäten nichts gewusst haben und zeigt sich entsetzt über die Vorgänge in seiner Partei. «Da zeichnet sich der grösste politische Skandal der Zweiten Republik ab», sagt er zum «Standard». Immerhin: Der SPÖ-Kampagnenchef trat zurück. Berater Silberstein war da schon gefeuert. Er wurde im August in Israel wegen Korruptionsverdacht verhaftet.

Der Schaden ist angerichtet. Während sich die Ex-Koalitionspartner SPÖ und ÖVP in einem Rosenkrieg zerfleischen, freut sich Heinz-Christian Strache (48) und seine FPÖ: Ohne sich gross in den Vordergrund zu drängen, ist das Kanzleramt für ihn und seine Rechtspopulisten plötzlich in greifbarer Nähe.

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