Ein Abenteuer, das tödlich endet: Es ist Donnerstagabend, in Rüeterswil SG ist der Atzmännig-Parkplatz von Schnee bedeckt. Das perfekte Terrain für einen lässigen Drift, denkt sich ein junger Mann (20). Sein Auto: ein sportlicher Audi. Bei seinem Fährtli sitzt er nicht allein im Boliden. Neben ihm hockt ein 23-Jähriger.
Während des Drifts wird es plötzlich gefährlich. Der Lenker verliert die Beherrschung über das Auto. Er schleudert über den Parkplatz, direkt in Richtung Goldingerbach. Der Wagen dreht sich. Um ganze 180 Grad. Dann rutscht er zehn Meter einen steilen Abhang runter.
Fahrer lässt Beifahrer im Stich
Der Wagen landet im Goldingerbach. Auf dem Dach. Den Fahrer hat es anscheinend nicht schwer getroffen. Denn: Er verlässt das Auto – und haut einfach von der Unfallstelle ab. Und lässt damit seinen verletzten Kollegen eiskalt im Stich. Wohin der Fahrer ging: unklar! Er könnte den Bus 630 in Richtung Uznach genommen haben. Zu Fuss wäre er nirgends hingekommen. Oder andere Drifter waren vor Ort oder holten ihn ab.
Kurz darauf erhält die Kantonspolizei einen Notruf zum Vorfall. Die Rettungskräfte finden das Unfallauto im Bach. Den Beifahrer bergen die Einsatzkräfte aus dem Auto. Sie reanimieren ihn. Er wird in kritischem Zustand ins Spital gebracht. Es hilft alles nichts: Der 23-Jährige verstirbt dort wenig später.
Die Frage, die sich stellt: Hätte der Lenker den Beifahrer retten können, wenn er geblieben und richtig reagiert hätte – statt einfach fortzugehen? Hanspeter Krüsi, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen, sagt dazu: «Es ist noch zu früh, um das zu beurteilen. Was aber sicher ist: Der Fahrer blieb nicht an der Unfallstelle.»
Lenker festgenommen
Nachdem er abgehauen war, plagte den Lenker offenbar das schlechte Gewissen: Er meldete sich per Telefon bei der Kantonspolizei. Der Schweizer wurde festgenommen.
Am Freitag machte sich Blick ein Bild vor Ort. Offiziell wollte weder vom Skigebiet noch vom Restaurant jemand etwas zum tödlichen Unfall sagen. Blick konnte aber mit einem Angestellten sprechen. Der Mann meint: «Wenn es Schnee hat, wird hier regelmässig gedriftet. Und zwar seit Jahrzehnten.»
Zum Donnerstag meint er: «Da gab es einige, die wie die Gestörten drifteten.» Ein älterer Mann, der in der Gegend wohnt, sagt auch, er sei als Junger gelegentlich hier gewesen zum Driften. Aber: «Es passierte nie was.» Er erklärt: «Ich war immer oben beim anderen Parkplatz, dort ist es nicht so gefährlich. Der Parkplatz aber, auf dem der Unfall gestern passierte, ist erstens neben dem Bach und zweitens abfallend zum Bach hin.»
Eine Anwohnerin erzählt, dass sie am Donnerstagabend lautes Geknalle gehört habe: «Ich war vor der Haustür und rauchte eine Zigarette. Ein Auspuff knallte und ein Motor heulte auf. Das klassische Lärmkonzert eines Drift-Anlasses mit PS-Boliden.» Sie betont: «Ich weiss aber nicht, ob es mehrere Autos waren. Was sicher ist: Es war laut.»
«Sie leuchten den Parkplatz aus, damit die anderen driften können»
Auch andere Besucher, mit denen Blick sprechen konnte, wissen, dass hier gedriftet wird. «Es wäre aber besser, wenn man auf einem abgesperrten Parcours des TCS driftet», findet ein Skitouren-Fahrer.
Eine andere Anwohnerin empfindet das Gedrifte als lästig. Sie sagt: «Wenn sie nach 22 Uhr driften, finde ich es total daneben.» Sie erklärt auch, dass das Driften stark wetterabhängig sei: «Es kommt Schnee – und schon sind die Drifter da.» Die Bewohnerin beschreibt, dass meistens acht bis zehn Autos auffahren würden. «Vor allem mit Zürcher Nummernschildern.» Zwei Autos würden sich dann oben am Parkplatz postieren. «Sie leuchten den Parkplatz aus, damit die anderen driften können.»