Sie sitzen zu Zweit auf engstem Raum. Stunden lang. Dicht an dicht. Und trotzdem: Piloten der Swiss müssen keine Maske tragen. Wie kann das sein? Das fragen sich selbst Piloten – und kritisieren die Airline dafür.
Auslöser für die Kritik gab folgender Fall: Kürzlich ist ein Swiss-Pilot nach seiner Rückkehr aus Brasilien positiv auf das Coronavirus getestet worden. Der Infizierte war während des Fluges mit zwei weiteren Piloten im Cockpit gesessen – keiner der dreien trug während dieser Zeit eine Maske.
Als «grobfahrlässig» bezeichnet dies ein Swiss-Pilot in einem anonymen Schreiben gegenüber BLICK. Grund: Die Piloten hätten während des Fluges nicht unbedingt freiwillig auf die Maske im Cockpit verzichtet, sondern lediglich die Anweisungen der Fluggesellschaft befolgt.
Stressvolle Simulationstrainings mit Maske
Tatsache: Um ihren Passagieren weiterhin die maximale Flug-Sicherheit gewährleisten zu können, fordert die Swiss ihre Pilotinnen und Piloten in einem Schreiben auf, im Cockpit keine Masken zu tragen – obwohl der Abstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann. Die Masken würden die Kommunikation und das Geruchsempfinden während des Fluges beeinträchtigen.
Swiss-Mediensprecherin Karin Müller: «Dieser Anordnung liegen sicherheitstechnische Aspekte zugrunde. Beispielsweise müssen die Pilotinnen und Piloten, um die Sicherheit bei einem plötzlichen Druckabfall gewährleisten zu können, in der Lage sein, innerhalb weniger Sekunden die Sauerstoffmaske aufzusetzen. Das Tragen einer Schutzmaske kann dazu führen, dass in einem solchen Fall wertvolle Sekunden verloren gehen, da die Schutzmaske vor dem Aufsetzen der Sauerstoffmaske entfernt werden muss.»
Diese Meinung teilt mindestens ein Swiss-Pilot nicht. Die Simulationstrainings der Piloten würden durchgehend mit Maske stattfinden, dabei würde die Maske weder die Kommunikation zwischen den Piloten beeinträchtigen, noch den Geruchssinn einschränken. Und dies, obwohl die Piloten bei diesen Trainings einem grösseren Stresslevel ausgesetzt sind als bei einem normalen Streckenflug.
Wie entscheidend eine freie Nase für Piloten ist, erklärt Thomas Steffen, Mediensprecher von Aeropers: «Während des Fluges müssen abnormale Gerüche sofort erkannt werden. Dazu gehören zum Beispiel verbranntes Triebwerksöl, Rauch oder der Geruch von verbrannten elektrischen Geräten.» In den Simulationstrainings kann lediglich der Geruch von Rauch imitiert werden, wobei Rauch nicht nur riechbar, sondern auch sichtbar ist. Andere Dämpfe seien oft nur mit der Nase zu erkennen.
So schützt die Swiss ihre Piloten
Die Frage bleibt: wie schützt die Swiss denn ihre Piloten vor Corona, wenn ihnen das Tragen einer Maske untersagt ist? Die Crew müsse sich vor jedem Flug einer Selbstbewertung unterziehen, erklärt Müller. Wenn das Zielland für die Einreise einen negativen PCR-Test voraussetzt, werde die Crew getestet. Für die Einreise ins Heimatland Schweiz seien die Crew-Mitglieder von den Bestimmungen des Bundesrats explizit ausgenommen. Es besteht weder Test- noch Quarantänepflicht.
Nur: Der an Covid-19 erkrankte deutsche Swiss-Pilot sei laut Mediensprecherin sowohl vor seinem Abflug, wie auch nach der Ankunft in Zürich, beziehungsweise vor seiner Rückreise nach Deutschland zwei Mal negativ getestet worden. Die Symptome habe der Pilot erst 48 Stunden später in seiner Heimat festgestellt und sich nochmal testen lassen – erst der dritte Test war dann positiv. (une)