Schon als Kind war dem Bäckerssohn Gerold Biner (50) klar: Er will Helikopterpilot werden. In Zermatt, wo er aufwuchs, wurden die Piloten der Air Zermatt wie Helden verehrt. «Das hatte mich angespornt.»
Seinen Werdegang, seine spannendsten Einsätze und die Geschichte des Aufbaus einer Helirettung im Himalaja hat Biner niedergeschrieben. «Ein Jahr lang verzichtete ich aufs Fernsehen, dann hatte ich 280 Seiten Text zusammen.» Gemeinsam mit Co-Autorin Sabine Jürgens entstand ein Buch, das am 1. September erscheint. Der Titel: «Fliegen um Leben und Tod».
1989 absolvierte der heutige CEO der Air Zermatt seinen ersten Flug für das Zermatter Heliunternehmen, nach einer Mechanikerlehre in Sitten und der Helipilotenausbildung in Kanada. «Ich hatte erreicht, was ich wollte.»
Doch Biner erlebte während seiner Karriere auch Rückschläge: Nur knapp ein Jahr nach seinem Einstand touchierte er bei einem Transportflug ein Kabel. «Ein brutaler Crash», erinnert sich Biner. Die Maschine erlitt Totalschaden. Er überlebte, wie durch ein Wunder, nur leicht verletzt. Seiner Frau Sabine versprach er, nicht mehr zu fliegen. «Doch eine Woche später sass ich wieder im Cockpit.» Der Wunsch zu fliegen, war stärker als die Angst.
In seiner nun 25-jährigen Karriere als Rettungspilot flog Gerold Biner viele heikle Einsätze, setzte oft sein Leben aufs Spiel. Etwa bei einer Rettung bei Dunkelheit und Nebel im August 1995. Zwei Alpinisten hatten sich beim Abstieg vom «Horu» über den Hörnligrat verstiegen. Biner und sein Helfer, der Zermatter Rettungschef Bruno Jelk (71), riskierten ihr Leben. «Wir hatten keine Sicht, durften eigentlich nicht fliegen.» Nachdem Biner Jelk auf den Felsen abgesetzt hatte, wollten ihnen die Bergführer der nahen Hörnlihütte nicht helfen. Trotzdem gelang es Biner, die Bergsteiger und Jelk aus ihrer heiklen Lage auszufliegen. Biners Frau hörte während der Aktion den Funkverkehr der dramatischen Minuten mit: «Mein Gott, Gerold, das war ja schrecklich!», sagte sie nach seiner Rückkehr. «Seitdem schaltete sie das Funkgerät nie mehr an.»
Biner beschreibt solche Situationen eindrücklich, wahrt aber eine gewisse professionelle Distanz. Doch der Leser merkt, dass ihm die Ereignisse sehr nahe gehen. Etwa, als im Oktober 1991 ein Sturm eine Gruppe schlecht ausgerüsteter Bergsteiger auf dem Weg zum «leichten» 4000er Breithorn überraschte. Wegen des schlechten Wetters konnten die Retter nicht zu den blockierten Bergsteigern fliegen. Nur zwei von sechs Personen wurden lebend geborgen, die anderen vier erfroren. «Der Mann schilderte uns, wie er seine Frau auf dem Breithorn zurücklassen musste, um sein Leben zu retten.»
Oder den Absturz eines Skifahrers in der Matterhorn-Ostwand. Knapp unterhalb der Solvay-Hütte stürzte der Mann 750 Meter tief auf den darunter liegenden Gletscher. «Mit grossem Glück überlebte er nur mit ein paar Kratzern.» Für Biner ist klar: «Wir haben als Retter keinen Einfluss auf das Schicksal – dies wird auf einer höheren Stufe gefällt.»
Auf den Aufbau einer funktionierenden Helikopterrettung im Himalaja ist Gerold Biner besonders stolz. «Das war die letzte Challenge», sagt Biner. «Es gab Pläne von anderen, eine Rettungsstation mit Leuten aus dem Westen zu errichten. Wir aber wollen den Menschen vor Ort das nötige Know-how vermitteln, damit sie selbst Rettungen durchführen können.»
Dafür investieren die Air Zermatt und die Zermatter Rettungsstation mit Hilfe der Alpine Rescue Foundation viel Geld. «Sponsoren decken einen Teil der Kosten, wie die Flugtickets.»
Im nächsten Frühling soll die Ausbildung der Luftretter abgeschlossen sein. Auch auf dem Dach der Welt können Bergsteiger in Not nun auf Hilfe der fliegenden Retter hoffen.