Schwester Benedikta (51) ist die Einsiedlerin von der Verenaschlucht
«Ich habe meine Familie für Gott verlassen»

Die gläubige Katholikin folgte der Sehnsucht nach Gott und seinem Handeln. Die Trennung von ihrer Familie war hart. Die Einsiedlerin fühlt sich bei Gott gut aufgehoben.
Publiziert: 19.08.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:49 Uhr
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«Ich hatte ein normales Leben, eine normale Ehe.» Schwester Benedikta
Foto: Peter Gerber
Von Ralph Donghi

Sie hat ihr altes Leben aufgegeben und alles zurückgelassen. Ihre vier Kinder, ihren Ehemann, ihr Zuhause. Schwester Benedikta (51) will als Einsiedlerin leben und nur noch für Gott da sein. «Dieser Entscheid fiel mir nicht leicht», sagt sie. «Doch ich bin überzeugt: Er war richtig.»

Seit dem 1. Juli ist sie die neue Einsiedlerin in der Verenaschlucht in Rüttenen bei Solothurn. Sie wohnt in einer kleinen Klause, betreut die beiden Kapellen, bewacht die Schlucht und kümmert sich um die Besucher aus der ganzen Welt (BLICK berichtete).

«Es war ein langer und herausfordernder Weg, meine Familie für Gott zu verlassen», sagt Schwester Benedikta, die mit bürgerlichem Namen Franziska Sigel heisst.

Einsamkeit und Gott

Die gläubige Katholikin beschäftigte sich schon als Teenager mit Themen wie Einsamkeit und Gott. Nachdem sie eine Biografie über den Einsiedler Niklaus von Flüe gelesen hatte, «bekam ich Sehnsucht nach Gott und seinem Handeln. Das Buch hat mich in tiefster Seele berührt».

Dennoch schlägt Franziska Sigel zuerst einen anderen Weg ein. Sie macht eine Lehre als Kleinkindererzieherin, heiratet, bekommt vier Kinder. Fast 20 Jahre lang führt sie ein offenes Haus für Kinder in schwierigen Lebenssituationen.

«Ich hatte ein normales Leben, eine normale Ehe», erzählt Schwester Benedikta. «Aber irgendwie war ich ständig auf der Suche nach etwas anderem.»

Ein Leben des Gebets

Mit 39 hat sie ein einschneidendes Erlebnis. «An dem Tag spürte ich plötzlich, dass Gott mir sagt: Leg deine Arbeit nieder und führe ein Leben des Gebets. Ich dachte mir, nein, das geht doch nicht. Ich habe eine Familie und führe ein offenes Haus.»

Sigel bleibt, liest aber kurz darauf einen Bericht über eine Nonne und geht für zehn Tage ins Kloster. «Meine Familie störte es nicht. Sie kannte mich ja. Und es gab keine Fragen.»

Franziska Sigel wehrt sich dagegen, ihre Familie zu verlassen. Doch das Dilemma zehrt an ihr, immer wieder wird sie krank. Sie sucht Hilfe bei einem Priester. Er sagt zu ihr: «Wenn Gott dich so sehr ruft, musst du dich stellen.»

Aus Franziska Sigel wird Schwester Benedikta

Mit ihrer Familie gibt es zum Teil heftige Diskussionen. Vor allem ihr Mann ahnt, dass er sie verlieren wird. Die erwachsenen Kinder zeigen eher Verständnis. Dann fällt die Entscheidung: Aus Franziska Sigel wird Schwester Benedikta, die Einsiedlerin.

«Als ich das meinem Mann und meinen Kindern mitteilte, war das hart», erzählt sie. «Ich habe erwartet, dass ich traurig sein würde und sie mich fragen, warum ich das tue. Warum ich sie im Stich lasse», erzählt Schwester Benedikta. Aber es kam anders als erwartet.

Ihre Kinder begreifen schliesslich die Entscheidung. Und die Mutter versichert, dass sie immer für sie da sein wird. «In den Jahren davor», sagt Schwester Benedikta, «flossen viele Tränen. Aber als ich dann ging, waren wir alle nüchtern und gefasst.»

Geschwisterliches Verhältnis zum Ex-Mann

2011 zieht Schwester Benedikta als Eremitin in den Kanton Bern, dann ins Bündnerland. Seit Juli ist sie in der Einsiedelei St. Verena. «Zu meinem Ex-Mann habe ich ein geschwisterliches Verhältnis», sagt sie.

«Er, die Kinder und meine Enkelin besuchen mich regelmässig.» Will sie jemals zurück in die Zivilisation? «Nein, nein», winkt sie ab. «Ich bin bei Gott gut aufgehoben und werde hier meine Frau stehen.»

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