Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen (66) hat am Mittwoch dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy (58), einen Besuch abgestattet. Dabei hat sie sich für die fortwährende Unterstützung der USA für ihr Land bedankt.
Bei China kam das Treffen alles andere als gut an. Das Land hat den Besuch scharf kritisiert und eine «entschlossene» Reaktion angekündigt. China werde auf «den schwerwiegenden Fehler der geheimen Absprache zwischen den USA und Taiwan» mit «wirksamen und entschlossenen Massnahmen» reagieren, um die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu schützen, erklärte das chinesische Aussenministerium nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag.
Es droht eine «ernsthafte Konfrontation»
Das Treffen im US-Bundesstaat Kalifornien sei ein «schwerer Verstoss gegen die Ein-China-Politik» gewesen, erklärte das Aussenministerium. Teil der sogenannten Ein-China-Politik ist es, Peking als alleinigen Repräsentanten Chinas anzuerkennen. Peking betrachtet seit der Spaltung zwischen Festlandchina und Taiwan im Jahr 1949 die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will – notfalls mit militärischer Gewalt.
Die Taiwan-Frage sei «eine rote Linie, die in den Beziehungen zwischen China und den USA nicht überschritten werden darf», fügte das Aussenministerium hinzu.
Auch das chinesische Verteidigungsministerium verurteilte das Treffen. «Wir lehnen jede Form der offiziellen Interaktion zwischen den Vereinigten Staaten und Taiwan sowie jeden Besuch eines führenden Vertreters Taiwans in den USA entschieden ab», erklärte das Ministerium laut Xinhua. Bereits im Vorfeld des Tsai-Besuchs hatte China die USA davor gewarnt, «mit dem Feuer zu spielen». Es drohe eine «ernsthafte Konfrontation».
Auf Pelosi-Besuch folgte mehrtägiges Militärmanöver
Tsai war am Mittwoch in den USA durch eine grosse Gruppe von Parlamentariern von McCarthys Republikanischer Partei und der Demokratischen Partei von Präsident Joe Biden empfangen worden. Die taiwanische Präsidentin nannte den Empfang einen Beweis, dass Taiwan Freunde in der internationalen Gemeinschaft habe und «dass wir nicht isoliert und nicht allein sind».
Das Treffen fand bei einem Zwischenstopp Tsais auf dem Rückweg von ihrer Mittelamerika-Reise in der Ronald-Regan-Präsidentenbibliothek in der Stadt Simi Valley nordwestlich von Los Angeles statt und war nicht als offizieller Besuch deklariert. Wie die meisten Länder der Welt, erkennen auch die USA Taiwan nicht offiziell als souveränen Staat an, um nicht gegen die von Peking festgesetzte «Ein-China-Politik» zu verstossen. Die Volksrepublik China besteht darauf, dass es nur einen chinesischen Staat geben könne, dessen einzig legitime Regierung in Peking sei.
Taiwan hat seit 1949 eine unabhängige Regierung, doch Peking betrachtet die demokratische Insel als Teil der Volksrepublik China und hat in der Vergangenheit immer wieder mit der Invasion der Insel gedroht. Bereits vor dem Treffen hatte die chinesische Regierung die geplante Zusammenkunft in Kalifornien kritisiert.
Der Republikaner McCarthy ist in der staatlichen Rangfolge der Vereinigten Staaten die Nummer drei nach dem Präsidenten und dessen Stellvertreterin. Ein ranghohes Treffen zwischen Vertretern der USA und Taiwans wertet China als Provokation. Auf einen Besuch von McCarthys Vorgängerin, der Demokratin Nancy Pelosi, in Taiwan im vergangenen August hatte die chinesische Führung mit einem mehrtägigen Militärmanöver reagiert. Bisher sehe man als Reaktion auf Tsais aktuellen Besuch keine erhöhte Militäraktivität Chinas rund um Taiwan, sagte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. (SDA)