«Die Leute haben genug von Zuhause!»
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Tourismus erwacht:«Die Leute haben genug von Zuhause!»

Schweizer Reisebranche vor Kollaps
«Wir annullieren Tag und Nacht»

Den Reisebüros steht das Wasser bis zum Hals. Alles hängt davon ab, wann die Grenzen wieder öffnen. Nun will die Swiss im Juni wieder fliegen.
Publiziert: 10.05.2020 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2020 um 19:34 Uhr
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Die Anstrengungen zur Rettung des Schweizer Tourismus sind in vollem Gang. Doch während Restaurants die Tische decken und Hotels die Betten bereiten, steht der Schweizer Reisebranche das Wasser bis zum Hals.
Foto: imago images/ThomasReiner.pro
Danny Schlumpf

Die Anstrengungen zur Rettung des Schweizer Tourismus sind in vollem Gang. Auch der Bundesrat macht mit. «Machen Sie Ferien in der Schweiz!», rief Magistrat Ueli Maurer (67) an der Sondersession des Parlaments in den Saal. Aufbruchstimmung herrscht – doch längst nicht überall. Während die Restaurants die Tische ­decken und die Hotels die Betten bereiten, steht der Schweizer Reisebranche das Wasser bis zum Hals.

Von den 40 Millionen Franken, die das Parlament diese Woche für den Tourismus gesprochen hat, sehen die Reisebüros gar nichts. «Wir wurden in der Krise schlicht vergessen», sagt Philippe C. Erhart (68), Chef von Universal Mallorca Ferien. Das Familienunternehmen besitzt auf der Baleareninsel 14 Hotels. 550 Angestellte sind dort beschäftigt, 30 sind es in der Schweiz. Sie alle sind in Kurzarbeit – und das auf unbestimmte Zeit. «Wir hatten sehr viele Buchungen bis in den Sommer», sagt Erhart. Und jetzt? «Wir annullieren Tag und Nacht.» Diese Woche hat der grösste ­Mallorca-Ferienveranstalter der Schweiz beschlossen, sämtliche Reisen bis Ende Juni abzusagen.

«Stärkste betroffene Branche»

1300 Reisebüros gibt es in der Schweiz. Ihnen allen ist das komplette Frühlingsgeschäft weggebrochen. «Wir sind die am stärksten von Corona betroffene Branche überhaupt», sagt Walter Kunz (59), Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbands. «Noch ist völlig unklar, wann dieses Drama aufhört. Wir sind auf Gedeih und Verderb von Grenzöffnungen abhängig.» Ist damit bald zu rechnen? Christian Laesser (57), TourismusProfessor an der Uni St. Gallen: «In den nächsten zwei Monaten wird es Grenzöffnungen geben. Aber die Entscheidungen hängen immer von den mit der Pandemie verbundenen Risiken ab.» Europaweit wird jetzt darüber diskutiert, in Regionen statt in Grenzen zu denken: Geplant sind rote und grüne Zonen mit hohen und tiefen Fallzahlen und entsprechend angepassten Reise-Regimen. «Es geht beim Tourismus um sehr viel Geld», sagt Laesser. «Deshalb wird alles darangesetzt, ihn wieder zum Laufen zu bringen.»

Darauf hofft auch Ferienveranstalter Erhart. «Jetzt schon dazu aufzurufen, in der Schweiz zu bleiben, ist für mich unverständlich. Die Leute sollen selber entscheiden, wohin sie in die Ferien wollen.» Die gestrichenen Buchungen bezahlt Erhart seinen Kunden fortlaufend zurück. Das tun auch die Reiseveranstalter Kuoni und Hotelplan, wie sie auf Anfrage bestä­tigen. Und das, obwohl ihnen die Fluggesellschaften die annullierten Flüge bis jetzt nicht zurück­erstattet haben.

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«Verhalten der Airlines ist grenzwertig»

«Das Verhalten der Airlines ist stossend», findet Walter Kunz vom Reise-Verband. «Die Flugbranche macht drei Milliarden Franken Umsatz pro Jahr über die Reiseveranstalter.» Doch nun hat das Parlament beschlossen, den Airlines Beine zu machen: Der ­Milliardenkredit für Swiss und Edelweiss ist an die Bedingung ­geknüpft, dass sie bis Ende September zahlen. Die Reiseveranstalter haben bis dann einen Betreibungsstopp erhalten. «Das ist richtig so», sagt Laesser. «Das Verhalten der Airlines ist grenzwertig. Denn es geht um Geld, das ihnen eigentlich nicht zusteht.» Was kann die Branche in dieser Situation noch tun? «Wir sind mit Schweiz Tourismus im Gespräch», sagt Walter Kunz. «Eine Möglichkeit sehen wir darin, dass die Reisebüros nun ihren Stammkunden ­vermehrt Angebote in der Schweiz anbieten.»

Martin Nydegger (49), Direktor von Schweiz Tourismus, bestätigt: «Wir versuchen zusammenzuarbeiten, wo immer das möglich ist.» Auch Reiseveranstalter Kuoni konzentriert sich nun auf den Heimatmarkt. «Mit dem Ausbau unseres Schweiz-Angebots empfehlen wir uns nun für die Buchung von Schweiz-­Reisen», sagt CEO ­Dieter Zümpel (63). «Ein zufriedenstellendes Schweiz-Geschäft ist für die wirtschaftliche Schadensbegrenzung wichtig.»

Herbst lohne sich nicht

Christian Laesser hat trotzdem noch Hoffnung: «Wenn die Grenzen geöffnet werden, gibt es auch für die Reisebranche eine Chance. Sie müssen auf die Sorgen der Kunden im aktuellen Risiko-Umfeld eingehen und ihre Rolle als Risiko-­Abfederer unterstreichen.» Klar ist aber auch: Je länger die Grenzen geschlossen bleiben, desto enger wird es. «Im Herbst noch ­einen Monat zu öffnen, lohnt sich einfach nicht», sagt Mallorca-Anbieter Philippe C. Erhart. «Der Personalaufwand in Kombination mit den strengen Schutzkonzepten ist schlicht zu hoch.»

Immerhin: Ab Juni will die Swiss wieder fliegen – 140 Flüge pro ­Woche, 30 europäische Destina­tionen. Auch Mallorca ist darunter. «Das macht Hoffnung», sagt Erhart. Und die stirbt zuletzt.

Darauf müssen Sie beim Buchen achten

Sie planen Ferien zu Hause? Auf swisshotels.com ­finden Sie Hotels aller ­Kategorien in der ganzen Schweiz. Achten Sie nicht nur auf den Preis – vergleichen Sie auch die Leistungen, die dahinterstecken. Buchen Sie früh genug für die Hauptferienzeiten. Für Schnäppchen­jäger: Attraktive Angebote gibt es besonders für die Vor- und Nachsaison. Ihre Auslandsreise wurde ­annulliert und Ihnen werden eine Umbuchung oder ­Gutscheine angeboten? «Das müssen Sie nicht ­akzeptieren», sagt Vito­ ­Roberto, Privatrechtsprofessor an der Uni St. Gallen. «Gerade bei Gutscheinen rate ich im Gegenteil zur Vorsicht. Da gibt es viele offene Fragen. Ist ein Gutschein aber einmal akzeptiert, gibt es kein Zurück.»

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