Janina Finger (22) und Linus Stampfli (23) haben nicht viel Zeit für das Gespräch am Freitagmorgen. Sie müssen noch einiges vorbereiten für den Streik in Zürich am Nachmittag. Unzählige Stunden Arbeit haben die Aktivisten schon in die Klimabewegung gesteckt. Aber keine Minute ist für die Bündner Psychologiestudentin und den Winterthurer, der bald auf einer Alp arbeiten wird, zu viel. Es gehe schliesslich um ihre Zukunft – darum, das Richtige zu tun, sagen sie.
Ihr geht seit Ende 2018 auf die Strasse. Habt ihr nicht Angst, dass irgendwann mal die Luft draussen ist und die Bewegung zerfällt?
Linus: Diese Befürchtung wird innerhalb der Bewegung stark diskutiert. Aber es gibt schon lange viel mehr als nur die Demos. Zum Beispiel bringen wir jetzt ein eigenes Magazin heraus, im Sommer finden in
Zürich ein Klimafestival und in Lausanne der europäische Klimagipfel statt. Und im September der internationale «Earth Strike», der ein Generalstreik werden soll.
Haben eure Streiks denn schon etwas bewirkt?
Janina: Seit 40 Jahren wird über den Klimawandel diskutiert – passiert ist nicht viel. Wir gehen nun seit vier Monaten auf die Strasse, in dieser Zeit ist doch schon einiges gelaufen. Sicher wäre es schön, wenn es noch mehr wäre, aber wir sind motiviert weiterzukämpfen.
Linus: Viele Städte und sogar ein paar Länder haben den Klimanotstand ausgerufen. Und diese Woche wurde in Zürich die «Netto Null»-Motion angenommen. Zürich ist damit die erste Stadt, die sich so entschlossene Ziele setzt, die aber nötig sind. Darauf hatten wir als Klimajugend einen grossen Einfluss.
Trotzdem habt ihr schon
nach vier Monaten keine
Geduld mehr. Unter dem
Motto «2020 eskalieren
wir» plant ihr radikalere
Aktionen. Ist das nicht übereilt?
Janina: Ich glaube nicht, dass wir zu viel verlangen. Es muss schnell gehen! Und wenn
sich nach einem Jahr, in
dem Tausende von Menschen auf die Strasse gegangen sind und Druck auf die Politik
gemacht haben, immer noch
zu wenig verändert, dann
müssen wir einen Gang höher schalten.
Linus: Die globalen CO2-Emissionen steigen noch immer. Wollen wir die Ziele des
Pariser Klimaabkommens erreichen, müssen wir den Druck erhöhen.
Studien bezweifeln, dass
es möglich sein wird, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.
Ist es nicht frustrierend, für etwas zu kämpfen, das vielleicht nicht mehr zu retten ist?
Janina: Im Gegenteil. Das zeigt einfach genau die Dringlichkeit! Es gibt jetzt noch Hoffnung.
Linus: Solche Gedanken wären fatal. Wir lassen uns von
solchen Dingen nicht demotivieren. Es geht um unsere
Zukunft. Wir geben alles!