Mario Fehr (59) ist Regierungsrat der SP und Sicherheitsdirektor des Kantons Zürich. Mit seiner harten Asylpolitik hat er sich aber in linken Kreisen ziemlich unbeliebt gemacht.
Das bekommt er auch am Abend des 13. Mai 2017 in Winterthur zu spüren. Nach einem Fussballspiel seines Lieblings-Clubs FC Zürich gegen den FC Winterthur auf der Schützenwiese wird er in einer Fan-Bar von einem Anhänger des Gastgeber-Teams mit Bier überschüttet.
Es kommt zu einem kurzen Wortwechsel, doch die Stimmung in der Bar bleibt friedlich. Mario Fehr jedoch ist wütend. Als er das Lokal verlässt, sagt er: «Das wird ein Nachspiel haben!»
Das war kein leeres Versprechen, wie das Online-Magazin «Republik» in einem Bericht aufzeigt. Zuerst ermittelt die Winterthurer Stadtpolizei, dann übernimmt die Kantonspolizei Zürich. Ein ungewöhnliches Vorgehen, denn für leichtere Delikte wie dieses ist in Winterthur eigentlich die Stadtpolizei zuständig. Mit der Kapo ist nun die Behörde am Drücker, der Mario Fehr politisch vorsteht.
Monatelange Ermittlungen
Offenbar nicht ganz aus freien Stücken, wie ein Polizist dem «Tages-Anzeiger» verrät: «Es gab massiven Druck. Mehrere ausserordentliche Sitzungen wurden wegen dieser Lappalie einberufen.»
Es folgen umfangreiche Ermittlungen: Mehrere Personen werden von der Polizei befragt, entweder telefonisch oder auf dem Posten. Den Befragten werden Fotos von FC-Winterthur-Fans zur Identifikation gezeigt. Geschossen hat sie ein Kadermitarbeiter von Fehrs Sicherheitsdirektion.
Nach fünf Monaten macht die Polizei den Bier-Täter endlich ausfindig. Er erhält einen Anruf eines Kantonspolizisten mit einem Angebot: Wenn er sich entschuldigt und die chemische Reinigung des Anzugs von 30 Franken bezahle, würde Fehr die Anzeige wegen einer Tätlichkeit und Sachbeschädigung zurückziehen.
Wollte Fehr Partei-Ärger vermeiden?
Wenige Tage später treffen sich die beiden in informellem Rahmen in der Sicherheitsdirektion. Danach scheint der Fall erledigt: Fehr zieht die Anzeige wegen Tätlichkeit und Sachbeschädigung zurück. Ob es zu einem Deal zwischen den beiden gekommen ist, will keiner der beiden sagen.
Ein brisantes Detail: Beim Bierausschütter handelt es sich laut «Tages-Anzeiger» um den Sohn einer Magistratsperson aus einem anderen Kanton, die wie Fehr in der SP politisiert. Ob Fehr die Sache begraben wollte, um Ärger unter Parteikollegen zu vermeiden?
Die Geschichte hinterlässt einen fahlen Nachgeschmack. Lief da wirklich alles nach Protokoll ab? Oder liess ein leitender Politiker seine Muskeln spielen?
Mit den Recherchen konfrontiert, sagt Fehrs Sicherheitsdirektion sowohl zum «Tages-Anzeiger» als auch zur «Republik», die Berichte entsprächen «in wesentlichen Punkten nicht den tatsächlichen Ereignissen». Man verzichte aber «aus Rücksichtnahme auf die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten» auf eine Stellungnahme. (rey)