Zürcher Polizisten sollen Wilson A. misshandelt und beleidigt haben
«Ich dachte, ich sehe meine Tochter nie mehr»

Am Dienstag fand der Prozesse gegen drei Zürcher Stadtpolizisten wegen Gefährdung des Lebens und Amtsmissbrauch statt. Er wurde 2016 verschoben. Am Mittwoch könnte es zu einem Urteil kommen.
Publiziert: 10.04.2018 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:12 Uhr
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Anwalt Bruno Steiner (rechts) mit Wilson A. vor dem Zürcher Bezirksgericht. Gestern begann der Prozess gegen drei Zürcher Stadtpolizisten, die den Familienvater misshandelt und beleidigt haben sollen.
Foto: Walter Bieri
Beat Michel

Im Zürcher Bezirksgericht prallten am Dienstag zwei Welten zusammen. Der dunkelhäutige Familienvater Wilson A.* (44) stand einer Zürcher Stadtpolizistin und zwei Stadtpolizisten gegenüber. Der Vorwurf: Die Beamten sollen ihn im Oktober 2009 im Laufe einer Personenkontrolle misshandelt und beleidigt haben. Und: Sie sollen ihn nur aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert haben. Die Polizisten bestreiten alle Vorwürfe.

Proteste vor dem Bezirksgericht

Vor dem Gericht protestierten die antirassistischen Organisationen «Allianz gegen Racial Profiling» und «Autonome Schule Zürich» für einen fairen Prozess – und eine Bestrafung der angeklagten Polizisten. Wilson A. bedankte sich in einer kurzen Ansprache: «Ich dachte, ich sehe meine Tochter nie mehr. Ich glaubte, ich müsste sterben.» Der illustre Anwalt des Privatklägers, Bruno Steiner, gab sich kämpferisch: «Es ist das Sahnehäubchen meiner Karriere. Wir wollen mit dem Prozess bewirken, dass das rassistische Verhalten der Polizei thematisiert wird.»

Staatsanwältin plädierte auf Freispruch

Steiner wollte die Staatsanwältin Christine Braunschweig gleich in den Ausstand schicken. Sie sei befangen, sagte er zu Beginn. Braunschweig war der Ärger anzusehen. Sie plädierte prompt für einen Freispruch der Angeklagten. Begründung: «Im Gegensatz zu den Polizisten gab es in den Erzählungen des Privatklägers keinen roten Faden. Es gibt erhebliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussagen.»

Auch den Vorwurf des Amtsmissbrauchs liess sie nicht gelten: «Der Privatkläger hätte nur den Ausweis zeigen müssen und es wäre nichts passiert. Er widersetzte sich der Kontrolle. Die Beamten machten nur ihren Job.»

Anwalt: «Unnötig harter Zugriff»

Anwalt Steiner schilderte die Vorfälle ganz anders. In einem über drei Stunden langen Plädoyer schilderte er in allen Details, was aus Sicht des herzkranken Wilson A. passiert sei. Nämlich ein unnötig harter Zugriff auf einen unbescholtenen Bürger. Er fordert für alle Beamten einen Schuldspruch für eventualvorsätzlich versuchte Tötung und Amtsmissbrauch.

Am Mittwoch folgen die Plädoyers der Anwälte der Polizisten. Laut den Befragungen der Beamten ist ihre Version eindeutig. Sie gaben zu Protokoll, dass Wilson A. sich gegen die Personenkontrolle gewehrt habe und wie eine Furie auf die Beamten losgegangen sei. Das harte Vorgehen sei also nötig gewesen. Das Urteil folgt am Nachmittag.

* Name der Redaktion bekannt

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