Schweizweit zum ersten Mal steht heute ein Taubenzüchter vor Gericht, der eine «Kamikaze-Taube» als Köder gegen Greifvögel eingesetzt haben soll. Dem 42-Jährigen droht am Bezirksgericht Dielsdorf ZH eine Freiheitsstrafe wegen mehrfacher Tierquälerei und anderer Delikte.
Das Tierschutzgesetz sieht für vorsätzliche Tierquälerei Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und drei Jahren oder entsprechende Geldstrafen vor. Staatsanwältin Susanne Steinhauser fordert eine bedingte Freiheitsstrafe von 11 Monaten sowie eine Busse von 4000 Franken.
Habicht verendete
Laut Anklageschrift hat der Taubenzüchter Mitte August letzten Jahres ein hochgefährliches, in der Schweiz verbotenes Gift auf die Nacken- und Schulterfedern einer seiner Tauben aufgetragen und sie dann fliegen lassen. Die allein fliegende Taube war leichte Beute für jeden Greifvogel - und genau damit rechnete der Mann.
Wie erhofft, schlug ein Greifvogel den Köder, landete mit der Beute in einem Garten in Niederglatt ZH und begann, die Taube zu rupfen. Der Habicht verendete nach kurzer Zeit: Das Gift hatte zu Atemlähmung und Muskelkrämpfen geführt.
Tierquälerei, Umweltschutz-Verstösse
Mit seiner «Kamikaze-Taube» hat der Mazedonier laut Anklage gleich gegen mehrere Gesetze verstossen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm mehrfache Tierquälerei sowie Vergehen gegen das Umweltschutz- und das Chemikaliengesetz, das Gesetz über Jagd- und Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel sowie mehrfache Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz vor.
Der Vorwurf der Tierquälerei bezieht sich einerseits auf das Präparieren der Taube. Indem der Mann das Tier als Köder einsetzte, habe er dessen Würde verletzt. Dies ist seit 2008 strafbar.
Zudem habe er die Taube aus dem Taubenschlag ausgesperrt. Dadurch konnte sie nicht zu ihren Artgenossen zurückkehren, sondern musste ohne den gewohnten Schutz der Gruppe allein draussen fliegen. Dies habe Angst und Stress verursacht und den Vogel überanstrengt.
Schlechte Taubenhaltung
Seine Haltung der Tauben verstiess gleich mehrfach gegen das Tierschutzgesetz: In den fünf Gehegen lebten viel zu viele Tauben - konkret drängten sich laut Staatsanwaltschaft 198 statt der erlaubten 58 Tiere in völlig verdreckten Käfigen. Sie hatten weder ein Aussengehege zur Verfügung, noch durften sie den vorgeschriebenen täglichen Freiflug unternehmen.
Laut Schweizer Vogelschutz SVS/Bird Life gibt es seit Jahren immer wieder Meldungen von Greifvögeln, die durch «Kamikaze-Tauben» als Köder vergiftet werden. Dahinter steht gemäss SVS/Bird Life eine Taubenzüchter-Szene aus dem Balkan, woher auch der Beschuldigte stammt. (bau/SDA)