Sie sollte ihn bewachen, stattdessen verhalf sie ihm zur Flucht: Um Mitternacht hat die 32-jährige Aufseherin Angela Magdici den syrischen Häftling Hassan Kiko (27) aus seiner Zelle im Gefängnis Limmattal befreit und ist mit ihm aus dem Knast geflohen. Ob die beiden ein Liebespaar sind, ist unklar.
Den Kollegen der Aufseherin fiel diesbezüglich nichts auf. «Wir sind Aufseher und Betreuer. Als Aufseher sind wir strikt, als Betreuer muss es möglich sein, auch mal ein vertrauliches Wort mit den Insassen zu sprechen. Eine professionelle Beziehung zu ihnen aufzubauen, das gehört zum Alltag», sagt Gefängnisdirektor Roland Zurkirchen zu BLICK.
Aber: «Es ist wichtig, dass die Aufseher/Betreuer die Dosis von Nähe und Distanz richtig wählen. In diesem Fall ist das nicht gelungen», ergänzt Rebecca de Silva, Mediensprecherin vom Amt für Justizvollzug. Magdici habe Nachtdienst gehabt, zusammen mit einem Kollegen. Dieser habe zur fraglichen Zeit geschlafen. «Das ist aber normal so», sagt de Silva. Nach der Ruhepause, die bis 5 Uhr dauert, schlug er Alarm.
«Im Nachhinein ist man immer schlauer»
Dass an der Flucht eine Aufseherin beteiligt ist, schmerzt. «Es ist jemand aus dem Team, das kann man sich nicht vorstellen», so Zurkirchen. «Wir arbeiten im Gefängnis, weil wir dem Gesetz nachgehen wollen. Klare Strukturen und Souveränität sind uns wichtig.» Das Vertrauen sei zutiefst erschüttert.
«Im Nachhinein ist man immer schlauer», sagt die Justizvollzugs-Sprecherin. Man habe der Aufseherin aber voll und ganz vertraut – ein solches Vertrauensverhältnis sei auch nötig. «Es ist aber wichtig, dass das Personal genau weiss, wie es sich verhalten muss.»
Hätte man von einer Beziehung zwischen Magdici und Kiko gewusst, hätte man sofort gehandelt. «Wie der Umgang zwischen Aufseherin und Häftling genau ausgesehen hat, müssen wir jetzt analysieren und eventuelle Lehren daraus ziehen», sagt de Silva. Dass Frauen im Gefängnis arbeiten, begrüsse sie aber grundsätzlich.
International zur Verhaftung ausgeschrieben
Der Frauenanteil in allen Gefängnissen liegt etwa bei einem Drittel. «Bei uns ist es weniger», so Gefängnisdirektor Zurkirchen.
Magdici arbeitete seit 2013 in den Gefängnissen des Kantons Zürich. Wie lange sie im Gefängnis Limmattal war, sagt Zurkirchen nicht.
Die Kantonspolizei Zürich hat eine Fahndung eingeleitet, die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren eröffnet. Es bestehen Hinweise, dass sich die beiden Flüchtigen mit einem schwarzen BMW X1, ZH 528 411 nach Italien abgesetzt haben. Die Knast-Aufseherin und der Syrer sind international zur Verhaftung ausgeschrieben.
Kiko wurde wegen Vergewaltigung zu vier Jahren verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.