Es begann als Streit zwischen Kolleginnen – und endete mit einer brutalen Entführung! Mira A.* (21) wurde im März 2019 von vier Kolleginnen in ein Auto gepackt, bedroht, geschlagen und beschimpft (BLICK berichtete). Das Motiv: Das Opfer hatte eine der späteren Täterinnen bei den Behörden angeschwärzt. Diese vernachlässige ihr Kind.
Vor Bezirksgericht Bülach ZH fand am Dienstag der zweite Prozesstag statt. Den vier Angeklagten, alle mit Wurzeln im Kosovo, drohen mehrjährige Haftstrafen wegen qualifizierter Freiheitsberaubung und sexueller Nötigung.
Sie schlugen und erniedrigten sie
Im März 2019 entführten die vier Frauen ihr Opfer von einem Parkplatz in Kloten ZH. Die Gruppe fuhr laut Anklage in ein Waldstück, schlug und bedrohte das Opfer. «Sie nahmen ihr das Mobiltelefon weg, begannen sie einzuschüchtern und nannten sie Schlampe», so die Anklageschrift.
Das Martyrium ging bis zum nächsten Tag: Die heute 21-Jährige wurde in einer Wohnung unter der Dusche gefilmt, mit einem Dildo erniedrigt, musste Steinchen schlucken und Schleim von einem Taschentuch lecken.
Angeklagte zündete Knast-Matratze an
Der zweite Verhandlungstag begann mit einer Überraschung: Das Opfer kann vor Gericht nicht selber aussagen. «Der gesundheitliche Zustand erlaubt das nicht», erklärte der Richter. Bereits unmittelbar nach der Tat musste sich die 21-Jährige wochenlang psychiatrisch behandeln lassen.
Auch eine der Täterinnen hatte am Dienstag gesundheitliche Probleme: Lara O.* (25), die bei der Kesb angeschwärzt wurde und mit ihren Rachegelüsten den Fall erst auslöste, erlitt in einer Pause einen epileptischen Anfall auf der Toilette – vor Aufregung, wie sie sagte. Nach wenigen Minuten konnte die Verhandlung aber fortgesetzt werden.
Die Angeklagte Dinora K.* (29), die wegen Fluchtgefahr hinter Gittern sitzt, erzählte dem Gericht von psychischen Problemen. So hat sie im Gefängnis ihre Matratze angezündet, «ein Suizidversuch», wie sie erklärt.
Staatsanwalt fordert 33 bis 56 Monate Knast
Inhaltlich brachte die Befragung der weiteren Beschuldigten wenig Neues: Die Gruppe gibt grundsätzlich zu, das Opfer geschlagen und unter Druck gesetzt zu haben. Die Mehrheit der Angeklagten behauptet aber auch: Was nach der Entführung passierte, auch die Erniedrigung mit einem mit Mayonnaise eingeschmierten Dildo oder das Filmen unter der Dusche, sei dann wieder absolut freiwillig passiert.
Oft gaben die Beschuldigten am Dienstag ausweichende Antworten. Der Richter fragte beispielsweise: «Hat sich die Geschädigte freiwillig ausgezogen?» Antwort der beschuldigten Alba Z.* (23): «Jein!» Die Angeklagten haben sich am Dienstag teilweise gegenseitig beschuldigt. Wie schon am ersten Prozesstag war es aber wieder Pflegeassistentin Svea K.* (25), die von ihren Komplizinnen am stärksten belastet wurde.
Der Staatsanwalt fordert für die Angeklagten Gefängnisstrafen von 33 bis 56 Monaten wegen Raub, schwerer Entführung und mehrfacher sexuelle Nötigung. Und: Die beiden Angeklagten, die keinen Schweizer Pass haben, sollen die Schweiz verlassen. Für den Staatsanwalt ist klar: Es ging den Täterinnen nur um «Rache und Sadismus». Der Prozess geht nächste Woche mit den Plädoyers der Verteidiger weiter.
*Namen geändert