Vito V. (18) stach wie von Sinnen auf zwei Elsässer ein
Neun Jahre Knast für Streetparade-Messerstecher

Ihr Bemühen, an der Street Parade eine Frau vor einem Belästiger zu schützen, mussten zwei Elsässer beinahe mit ihrem Leben bezahlen. Der Logistiker Vito V.* (18) hatte mit seinem Klappmesser wie von Sinnen auf die beiden eingestochen. Heute kassierte der Lehrling wegen zweifachen Tötungsversuchs neun Jahre Knast.
Publiziert: 20.12.2017 um 19:14 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:19 Uhr
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Vito V. wird in einem Gefangenen-Fahrzeug ins Bezirksgericht gebracht.
Foto: Philippe Rossier
Viktor Dammann

Ihr Bemühen, an der Street Parade eine Frau vor einem Messerfuchtler zu schützen, mussten zwei Elsässer beinahe mit ihrem Leben bezahlen. Der bekiffte und angetrunkene Logistik-Lehrling Vito V.* (18) hatte mit seinem Klappmesser auf die beiden Raver eingestochen. Gestern kassierte der Lehrling wegen zweifachen Tötungsversuchs neun Jahre Knast.

Nach der Tat hatte sich der Messerstecher noch von einem Kollegen mit dem Handy filmen lassen. «Ich habe sieben Menschen ‹abegstoche› und bin selber auch voller Wunden», prahlte er auf dem Video. Minuten später wurde er von der Polizei geschnappt. Vito V. hatte ein Sanitätszelt aufgesucht, nachdem er sich bei seiner Messerattacke selber verletzt hatte.

Es begann mit einer Ohrfeige

Sein Vorhaben, die Tatwaffe verschwinden zu lassen, misslang. Er hatte das Klappmesser einem weiteren Kumpel gegeben, der das Messer in einer bestimmten Körperöffnung versteckte. Nachdem dieser ebenfalls festgenommen und durchsucht worden war, brachte ein Rechtsmediziner die Tatwaffe wieder ans Tageslicht.

Was war passiert? Am 14. August 2016, kurz nach Mitternacht, belästigte beim Utoquai eine Gruppe von rund zehn jungen Männern, vorwiegend gebürtige Türken und Albaner, zwei Frauen. Mit dabei war auch der Logistiker-Stift Vito V. Schliesslich hatten die beiden ca. 18-jährigen Raverinnen genug von der primitiven Anmache und machten sich davon.

Dies wollte der Logistiker-Stift nicht auf sich sitzen lassen und verfolgte die zwei Frauen. Schliesslich war eine der jungen Frauen des Belästigers überdrüssig und verpasste ihm eine Ohrfeige.

Darauf wollte sich der Geohrfeigte auf die Frau stürzen. Dies versuchten mehrere Passanten zu verhindern. 

«Ich steche euch alle nieder!»

Die Situation eskalierte, nachdem die Ohrfeigerin den Angreifer mit «Nuttensohn» beschimpft hatte. Vito V. nahm sein Klappmesser aus der Hosentasche und begann mit geöffneter Klinge vor dem Gesicht der Frau herumzufuchteln. Darauf setzte sich die Frau geschockt auf den Boden und begann zu schluchzen.

Zwei Franzosen, ein 28-jähriger Mechaniker und ein gleichaltriger Fassadenbauer, bedeuteten dem Lehrling, das Messer wegzulegen. Stattdessen fuhrwerkte Vito noch stärker mit dem Klappmesser herum und schrie: «Ich steche euch alle zusammen nieder!» Einem «Bodybuilder» wurde dies zu dumm, und er forderte den Messerfuchtler auf, sich mit ihm – ohne Messer – zu duellieren.

Darauf verzichtete der Lehrling, geriet jedoch noch mehr in Wut und wandte sich dem französischen Mechaniker zu, der ihn mit einem Fusstritt auf Distanz halten wollte. Schlussendlich ging Vito V. auf dessen Kollegen los. Bei der Schlägerei ging der Lehrling zu Boden. Dabei bohrte sich sein Messer in den Ellbogen. Darauf flippte der Logistiker endgültig aus und stach massiv auf die Oberkörper der beiden Franzosen ein.

Messerstecher will sich nur verteidigt haben

«Als ich den Stich am Arm spürte, meinte ich selber mit einem Messer angegriffen zu werden», verteidigte sich Vito V. heute vor dem Zürcher Bezirksgericht. Er habe mit seinem Messer nur seine Widersacher auf Distanz halten wollen. Gegen die Frauen habe er das Messer nicht erhoben.

«Weshalb haben Sie denn überhaupt ein Messer an die Street Parade mitgenommen», wollte Gerichtspräsident Reto Nuotclà wissen.

«Dies war eine dumme Idee, die ich bereue», so der Messerstecher, der mit seinem dunklen Anzug und seinem Seitenscheitel harmlos wie ein Konformantenschüler aussah.

Gemäss Staatsanwalt Adrian Kägi nahm der Messerstecher den Tod der beiden Elsässer zumindest in Kauf:«Der Beschuldigte offenbarte einen derart erschreckenden Vernichtungswillen, dass er wohl in diesem Zustand noch weitere Menschen abgestochen hätte.» Er habe seine Opfer richtiggehend massakrieren wollen. Die Staatsanwaltschaft forderte zwölf Jahre Gefängnis.

«Ich habe eine Strafe verdient», meinte der Angeklagte dazu. «Aber zwölf Jahre sind zu hoch, das gibt es doch nur für mehrfachen Mord.»

Das Urteil: Neun Jahre Haft wegen mehrfachen eventualvorsätzlichen Tötungsversuchen – aufgeschoben zu Gunsten einer stationären Massnahme für junge Erwachsene. Die Staatsanwaltschaft will das Urteil weiterziehen, weil er das Urteil für zu milde hält.

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