Am Tag nach dem schrecklichen Unfall blieben die Tore des Zoos Zürich geschlossen. Auch gestern waren immer noch Forensiker der Polizei vor Ort und direkt am Gehege, wo es am Samstag zum tödlichen Tiger-Angriff auf eine Tierpflegerin (†55) gekommen war (BLICK berichtete). Die Ermittler haben viele Fragen – auch an die anderen Zoo-Angestellten. Die Polizei geht von einem Arbeitsunfall aus, wie es nach ersten Erkenntnissen heisst. Doch: Den genauen Hergang und die Ursache des tödlichen Aufeinandertreffens zwischen der erfahrenen Pflegerin und Amurtigerin Irina (4) kennt man noch nicht.
Ein Augenzeuge, der rund zwei Minuten nach dem Angriff vor Ort war, berichtet von schrecklichen Szenen. «Der Tiger hat die Frau am Genick gepackt», sagt er zu BLICK. Besucher hätten noch gegen die Absperrung gehämmert und Krach gemacht, aber das Tier liess sich dadurch nicht ablenken. «Als wir ankamen, lag das Opfer hinter einem Baumstamm versteckt. Direkt darüber der Tiger.»
Kette von unglücklichen Umständen
Dass sich Pfleger und Tiger im Gehege plötzlich gegenüberstehen, muss mit einer ganzen Kette von unglücklichen Umständen zusammenhängen, ist Raubtier-Experte Remo Müller (40) überzeugt. Der Schweizer führt einen Tiererlebnispark im deutschen Bell, hält dort selbst drei Tiger: «Ich bin fast jeden Tag im Gehege. Um es zu betreten, muss ich direkt am Stall vorbei und sehe so automatisch, ob alle Tiere auch wirklich abgetrennt sind.» Unfälle wie im Zürcher Zoo belasten Müller: «Man ist sich des Restrisikos bewusst, wenn man mit Raubtieren arbeitet. Trotzdem ist es jedes Mal schlimm, wenn etwas passiert.»
Mit seinen Tigern geht er gerne auf Tuchfühlung – aber nicht in ihrem Gehege. «Dort stimulieren wir mit immer neuen Spielen ihr natürliches Verhalten. Ihren Jagdtrieb, denn das ist ihre Spielwiese.» Auch ein spielerisch gemeintes Zupacken könne tödliche Folgen haben: «Tiger sind so kräftige Tiere, ein Biss oder auch ein einzelner Prankenhieb können tödlich sein.»
Samuel Furrer (52) von der Fachstelle Wildtiere beim Schweizer Tierschutz (STS) spricht auch von einem «natürlichen, instinktiven Verhalten» des Tigers im Zoo Zürich. Er weiss: «Wenn man frühere Zwischenfälle mit Grosskatzen anschaut, steht ein menschlicher Fehler als Ursache im Vordergrund.»
Tierschützer demonstrieren gegen Zoo Zürich
Gestern verschickten die Zoo-Verantwortlichen eine Pressemitteilung. «Der Vorfall von Samstag ist höchst tragisch und der Zoo Zürich tief darüber betroffen», heisst es. Trotzdem sei es nun mal so, dass die Amurtigerin ein Wildtier sei. «Sie folgte in ihrer Reaktion ausschliesslich ihren natürlichen Instinkten. Für das Tier hat der Vorfall deshalb keine Konsequenzen.» Kurz nach dem tragischen Zwischenfall waren Fragen laut geworden, ob die Tigerin vielleicht eingeschläfert werde.
Währenddessen trauern die Arbeitskollegen der getöteten Pflegerin auf sozialen Netzwerken. Einige posten Bilder von Kerzen. «Viel Kraft dir und dem ganzen Team», schreibt jemand dazu. Oder auch: «Mein Beileid den Angehörigen.»
Für heute haben Tierschützer eine Demonstration vor dem Zoo angekündigt. Denn: «Im Zoo Zürich sei es schon zu häufig zu Zwischenfällen gekommen.» Und weiter: «Wildtiere können in Zoos niemals artgerecht gehalten werden.»
Erst im Jahr 2018 kam es zu einem Zwischenfall im Tigergehege des Zürich Zoo. Amurtigerin Elena wurde von Männchen Sayan unbemerkt zu Tode gebissen. Die Zoo-Verantwortlichen waren überrascht, eigentlich hatten sich die beiden Tiere gut miteinander verstanden.
2012 kam es in Köln zu einem anderen tödlichen Zwischenfall mit einem Tiger. Eine Pflegerin verschloss eine Türe nicht richtig und wurde bei Reinigungsarbeiten tödlich verletzt: «Wir können uns derzeit nicht erklären, warum der erfahrenen Pflegerin ein derart verhängnisvolles Versehen unterlaufen konnte», sagte Zoodirektor Theo Pagel damals. Das Tier musste er während des Angriffs erschiessen.
Eine Tigerattacke von 2003 machte weltweit Schlagzeilen: Der Angriff eines weissen Tigers während einer Aufführung des Magierduos «Siegfried & Roy» auf Roy Horn beendete die Karriere der beiden. Der Entertainer überlebte zwar schwer verletzt, kehrte aber nie mehr auf die Bühne zurück. Im Mai starb er 75-jährig am Coronavirus.
Erst im Jahr 2018 kam es zu einem Zwischenfall im Tigergehege des Zürich Zoo. Amurtigerin Elena wurde von Männchen Sayan unbemerkt zu Tode gebissen. Die Zoo-Verantwortlichen waren überrascht, eigentlich hatten sich die beiden Tiere gut miteinander verstanden.
2012 kam es in Köln zu einem anderen tödlichen Zwischenfall mit einem Tiger. Eine Pflegerin verschloss eine Türe nicht richtig und wurde bei Reinigungsarbeiten tödlich verletzt: «Wir können uns derzeit nicht erklären, warum der erfahrenen Pflegerin ein derart verhängnisvolles Versehen unterlaufen konnte», sagte Zoodirektor Theo Pagel damals. Das Tier musste er während des Angriffs erschiessen.
Eine Tigerattacke von 2003 machte weltweit Schlagzeilen: Der Angriff eines weissen Tigers während einer Aufführung des Magierduos «Siegfried & Roy» auf Roy Horn beendete die Karriere der beiden. Der Entertainer überlebte zwar schwer verletzt, kehrte aber nie mehr auf die Bühne zurück. Im Mai starb er 75-jährig am Coronavirus.