Nach einem weiteren Schultag voller Schikane fasst Tara* einen Entschluss. Sie will sich töten. Nicht sofort, nicht plötzlich. Tara möchte verhungern. Langsam verschwinden. Sie stellt einen Ernährungsplan auf: Jeden Tag ein bisschen weniger essen. Bis der Körper ausgelaugt ist. Bis das Herz stehen bleibt.
Monatelanges Mobbing an der Schule stürzte Tara (heute 16) in diese Verzweiflung. Ihre Eltern konnten den Suizidversuch rechtzeitig stoppen. Doch Tara leidet noch immer. Ihr Vater Boris W.* (50) ist verzweifelt – und wütend: «Meine Tochter wurde fertiggemacht, bis sie sich umbringen wollte», sagt er zu BLICK. «Und die Schule sah einfach nur zu.»
Mitschüler schossen ihr Knallkörper in die Haare
Alles begann im Sommer 2017, als Familie W. in die Gemeinde Wiesendangen ZH zog. In ihrer ersten Schulwoche in der Sekundarschule tauften ihre Mitschülern sie «Rasenmäherin». Weil Tara sich vegan ernährte. Am Mittag wechselten sie den Tisch, wenn Tara sich zu ihnen setzte. Im Unterricht machten sie Stöhngeräusche und nannten sie eine «geile Sau».
Die Schülerin wandte sich an die Schulsozialarbeiterin. Doch es wurde nur noch schlimmer. Im Winter 2018 zündete ein Klassenkamerad «Frauenfürze» an und warf die Knallkörper in ihre Haare. Vater Boris W. erinnert sich: «Ihre Haare rochen verbrannt.»
Klassenchat: «Bring dich um»
Der Teenager litt unter dem Psychoterror. «Sie zog sich zurück, weinte viel», sagt ihr Vater. Doch von den meisten Vorfällen erzählte sie nichts. Er fragt sich: «Warum haben sie meine Tochter nicht einfach in eine andere Klasse geschickt? Warum musste es so weit kommen?»
Damals habe er nicht realisiert, was vor sich ging. Boris W.: «Die Schule hätte sie doch schützen müssen.» Das Mobbing verfolgt sie gar bis nach Hause – im Whatsapp-Klassenchat. Dort schrieb Dario* an Tara: «Bring di umm.» Einfach so.
Liebe Eltern, hat Ihr Kind im Klassenchat ähnliche negative Erfahrungen gemacht? Melden Sie sich bei BLICK per Telefon (044 259 89 89), E-Mail (community@blick.ch) oder WhatsApp (079 813 8041 (Für iPhone-Benutzer: Kontakt als vcf-Datei)).
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Schulpsychologin bemerkt Gewichtsverlust
Danach begann sie zu hungern. Mehrere Wochen lang. Bis die Schulpsychologin Alarm schlug. «Sie konfrontierte uns mit dem massiven Gewichtsverlust», sagt Boris W. Er stellte seine Tochter zur Rede. Sie erzählte. Von der Ausgrenzung, den Beleidigungen, der Gewalt, den Suizidgedanken.
Boris W. brach der Boden unter den Füssen weg. «Ich war total am Anschlag», so der Vater. Er nahm seine Tochter von der Schule. Sie kam in eine Psychiatrische Klinik.
Die Schulpsychologin bestätigte schliesslich: «Erfahrungen von Mobbing über längere Zeit haben dazu geführt, dass Taras Antrieb immer flacher wurde. Das führte zu suizidalen Gedanken und Symptomen einer Essstörung», schreibt sie im Abschlussbericht, der BLICK vorliegt.
Schule schiebt Schuld von sich
Trotzdem bestreitet die Schule Wiesendangen bis heute, dass Tara gemobbt wurde. «Gemäss Fachdefinition war es kein Mobbing», sagt Hubert Herger, Mitglied der Schulpflege. Dass die Schule zu wenig getan habe, bestreitet er: «Aus Sicht der Schulpflege sowie der kantonalen Bildungsdirektion hat die Schule alle möglichen und notwendigen Interventionen, unter Einbezug professioneller Unterstützung, vorgenommen.»
Trotz des Falls: An ihrem Konzept gegen Mobbing möchte die Schule nichts ändern. Herger: «Es tut uns leid, was Tara durchmachen musste. Wir haben aber alles in unserer Macht Stehende getan.»
Tara hat immer noch Angst
Seit Sommer 2018 wohnt Tara auf einem Therapiehof im Kanton Aargau. In Wiesendangen hielt sie es nicht mehr aus. Das Schulgebäude, die bekannten Gesichter, alles böse Erinnerungen.
Die Schule hat sie gewechselt. Mittlerweile geht es ihr besser. Boris W. erzählt: «Nur bei den Prüfungen hat sie ständig das Gefühl, jemand haue ihr nächstens ein Buch auf den Kopf – wie ihre Klassenkameraden früher.»
* Namengeändert
Boris W.* (50) fiel aus allen Wolken, als er erfuhr, was seine Tochter Tara* in der Schule durchmachen musste. Monatelang hatte sie die Mobbingattacken verschwiegen.
Aus Scham behalten viele Opfer die Vorfälle für sich. Wie können Eltern trotzdem erkennen, dass das eigene Kind betroffen ist? Profilerin Suzanne Grieger-Langer (47) nennt vier Alarmzeichen:
Verschlossenheit
Typischerweise fangen Betroffene an, sich zu verschliessen. «Sie zeigen plötzlich weniger Persönlichkeit, sind häufiger zurückhaltend und kämpfen mit Selbstzweifeln», so die Expertin.
Lustlosigkeit
Statt den üblichen Aktivitäten nachzugehen, verbringen Opfer viel Zeit allein. Wirken niedergeschlagen und wortkarg. «Sie täuschen Bauchschmerzen vor, um nicht in die Schule gehen zu müssen. Oder verpassen bewusst das Sporttraining und treffen sich weniger mit Freunden», sagt Grieger-Langer.
Hilflosigkeit
Meist fühlen sich die Opfer dem Mobbing komplett ausgesetzt, können sich nicht mehr wehren. Aussagen wie «ich kann sowieso nichts machen» oder «ich halte das nicht mehr aus», könnten daher auf Mobbing hindeuten.
Panik
Besonders bei Cybermobbing werden Nachrichtendienste und sozialen Medien für Betroffene zum Ort des Schreckens. «Sie haben Panik, auf den Handybildschirm zu schauen und trotzdem den Drang, es ständig zu machen», erklärt die Profilerin.
Wie reagiert man richtig?
Sie rät Eltern: «Trauen Sie Ihrem Instinkt! Sprechen Sie die Verhaltensmuster offen an.» Wichtig dabei: Geborgenheit vermitteln und niemals Vorwürfe machen. Wenn das Kind tatsächlich gefährdet ist, empfiehlt Grieger-Langer: «Setzen Sie sich gemeinsam zur Wehr.» (hah)
* Namen geändert
Boris W.* (50) fiel aus allen Wolken, als er erfuhr, was seine Tochter Tara* in der Schule durchmachen musste. Monatelang hatte sie die Mobbingattacken verschwiegen.
Aus Scham behalten viele Opfer die Vorfälle für sich. Wie können Eltern trotzdem erkennen, dass das eigene Kind betroffen ist? Profilerin Suzanne Grieger-Langer (47) nennt vier Alarmzeichen:
Verschlossenheit
Typischerweise fangen Betroffene an, sich zu verschliessen. «Sie zeigen plötzlich weniger Persönlichkeit, sind häufiger zurückhaltend und kämpfen mit Selbstzweifeln», so die Expertin.
Lustlosigkeit
Statt den üblichen Aktivitäten nachzugehen, verbringen Opfer viel Zeit allein. Wirken niedergeschlagen und wortkarg. «Sie täuschen Bauchschmerzen vor, um nicht in die Schule gehen zu müssen. Oder verpassen bewusst das Sporttraining und treffen sich weniger mit Freunden», sagt Grieger-Langer.
Hilflosigkeit
Meist fühlen sich die Opfer dem Mobbing komplett ausgesetzt, können sich nicht mehr wehren. Aussagen wie «ich kann sowieso nichts machen» oder «ich halte das nicht mehr aus», könnten daher auf Mobbing hindeuten.
Panik
Besonders bei Cybermobbing werden Nachrichtendienste und sozialen Medien für Betroffene zum Ort des Schreckens. «Sie haben Panik, auf den Handybildschirm zu schauen und trotzdem den Drang, es ständig zu machen», erklärt die Profilerin.
Wie reagiert man richtig?
Sie rät Eltern: «Trauen Sie Ihrem Instinkt! Sprechen Sie die Verhaltensmuster offen an.» Wichtig dabei: Geborgenheit vermitteln und niemals Vorwürfe machen. Wenn das Kind tatsächlich gefährdet ist, empfiehlt Grieger-Langer: «Setzen Sie sich gemeinsam zur Wehr.» (hah)
* Namen geändert
Für Menschen in persönlichen Krisen gibt es rund um die Uhr Anlaufstellen.
Das sind die Wichtigsten:
Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Nummer 143
Beratungstelefon Pro Juventute: Nummer 147
Weitere Infos erhalten Sie bei: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die einen Menschen verloren haben: www.verein-refugium.ch
Perspektiven nach Verlust eines Elternteils: www.nebelmeer.net
Für Menschen in persönlichen Krisen gibt es rund um die Uhr Anlaufstellen.
Das sind die Wichtigsten:
Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Nummer 143
Beratungstelefon Pro Juventute: Nummer 147
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Perspektiven nach Verlust eines Elternteils: www.nebelmeer.net