Gestern Vormittag rastet Franz Wrousis (51) aus. Gegen 9.30 Uhr läuft er mit einer Motorsäge in das Büro der CSS-Krankenkasse in Schaffhausen und greift mehrere Menschen an. Zwei Personen werden verletzt – eine davon schwer. Jetzt ist er auf der Flucht.
Doch wer ist der Motorsägen-Mann überhaupt?
Sein ehemaliger Vermieter Beat E. (64) beschreibt Wrousis als introvertiert. Von 2014 bis 2016 lebte Wrousis alleine in einer 1 1/2 Zimmer-Wohnung in Beromünster LU. «Er hatte wegen eines Auto-Unfalls IV bezogen. Seither hatte er ein Trauma», sagt E. «Anfangs war er immer erfreut, wenn ich mit ihm sprach. Gegen Ende des Mietverhältnisses wurde er allerdings immer komischer.» Wrousis wäre ziemlich plötzlich ausgezogen. «Er liess praktisch alles zurück. Auch seine Möbel und religiöse Bücher. Wir mussten sie entsorgen», sagt der Apotheker. Gezahlt hätte der Mieter aber alles, auch die Entsorgung wurde gedeckt. «Ich weiss, dass er danach ins Engadin ging. Vielleicht in ein Heim. Da bin ich mir aber nicht mehr sicher.»
Auch Benjamin Schmid (34) vom Backpacker Deluxe Hotel Capricorn in Laax GR kann sich gut an Wrousis erinnern. Vor rund drei Monaten checkte der bei ihm ein. «Er wollte für einen ganzen Monat bleiben und erklärte, dass er Abstand von der Aussenwelt brauche. Er erzählte aber, er habe einen VW Caddy bestellt. Mit dem wolle er in die Berge fahren. Einfach weit weg von den Menschen. Er sagte etwas von schlechten Vibes.»
«Er sagte, ich sähe in seinen Kopf»
Doch am nächsten Tag haut Wrousis schon wieder ab und fährt mit dem Postauto weiter. «Ich war ihm unsympathisch», sagt Schmid zu BLICK. «An der Bar sagte er mir, ich könne in seinen Kopf hineinsehen. Er war seltsam. Lange hätte er mit seiner Art sowieso nicht bleiben dürfen. Wenn ich nun höre, was er da getan hat, bin ich froh, dass er so schnell wieder fort ist. Er scheint wirklich gefährlich zu sein.» Bis heute erhält Schmid Post für Wrousis.
Wirres Gerede über Gott
Vor rund vier Wochen zieht Wrousis ins benachbarte Uhwiesen ZH. Seinen weissen VW Caddy hat er auf einem Parkplatz am Waldrand parkiert, wo er auch schläft. Davor lagert er sein «Material» unter einer Plastikblache.
Der Gemeindepräsident von Uhwiesen ZH, Ruedi Karrer, wohnte nur 300 Meter von Wrousis Domizil entfernt. «Ich lief jeden Tag mit dem Hund vorbei», sagt er zu BLICK.
Einmal habe seine Frau ihn angesprochen und gefragt, ob er ein Wanderer sei. «Dann hat er zum Hund gesagt, dass er eine tolle Frise habe und redete danach wirre Sachen über Gott.»
Mehrere Meldungen bei der Polizei
Das Verhalten des Sonderlings irritierte die Dorfbevölkerung. Mehrere meldeten Wrousis laut Karrer der Polizei. Er war Gesprächsthema. Auch weil er immer seltsamer wurde. «Dann, vor zwei, drei Wochen, sah ihn meine Kollegin mit Glatze. Und er hatte eine Motorsäge dabei», sagt eine Anwohnerin zu «20 Minuten».
Gemeindepräsident Karrer war hingegen nicht beunruhigt: «Die Polizei stattete ihm zu Beginn einen Besuch ab, nahm die Autonummer mit und hinterliess eine Visitenkarte mit dem Vermerk, dass er sich melden soll. Da die Polizei nichts Weiteres unternahm, dachte ich, dass er wohl ungefährlich ist.»
Doch das war eine Falschannahme, wie sich nun herausstellte. Wrousis lief mit der Motorsäge Amok und tauchte darauf unter. Die Polizei fahndet nach ihm und sagt, dass er «gefährlich, aggressiv und psychisch auffällig» ist.
Diejenigen, die mit dem Motorsägen-Mann zu tun hatten, erheben jetzt Vorwürfe gegen die Polizei: «Hätte die Polizei ihn ernsthaft unter die Lupe genommen, wären die Menschen heute Morgen nicht zu Schaden gekommen.» (mko/sas/jmh)