Was ist denn hier sexistisch? Für die Stadt Zürich offenbar sehr viel. Sie verbot das Sujet mit Wetterfee Linda Gwerder (32). Die Werbung für ein Fitnessstudio mit der halb bedeckten Moderatorin darf nicht mehr auf öffentlichem Grund gezeigt werden (Blick berichtete).
Und die grösste Stadt der Schweiz hält am Zensurentscheid fest. Ihre Erklärung: Das Gremium «aus Fachleuten» sei zum Schluss gekommen, dass es «nicht nachvollziehbar ist, weshalb für ein Fitnessstudio mit so viel nackter Haut geworben werden muss». Das sagt Lucas Bally vom zuständigen Hochbaudepartement. Konkret störend sei: «Der Blick auf die halbe nackte Brust, Bauch, Hand im Schambereich. Nackte Haut dient hier einzig als Blickfang.»
Wer konkret hat das entschieden? Geheim! Die Stadt Zürich will auf Anfrage von BLICK die Mitglieder des Fachgremiums nicht bekannt geben. Doch BLICK hat sich schweizweit schlau gemacht. Und siehe da: In Zug und Luzern darf sexy Linda Gwerder die Passanten anlächeln – jedoch auch etwas zensiert. «Wir haben das Plakat in zwei Varianten geprüft. So wie es in Zürich hing, haben wir es für vertretbar erachtet», sagt Stefan Geisseler von der Luzerner Stadtraumbehörde.
Eine andere Version, auf der nur eine Hand die Intimzone verdeckt, wäre indes auch den Luzernern zu weit gegangen. Dieses Foto hatte die Plakatgesellschaft APG auch in Zürich zurückgezogen und durch eine entschärfte Version ersetzt – ohne Erfolg. Auch diese wurde verboten.
Ueli Custer (68) versteht die Zürcher Prüderie nicht. «Ich sehe nicht, was hier sexistisch sein soll», sagt das Mitglied der Lauterkeitskommission, die als brancheneigene Ortganisation über Inhalte von Werbung wacht. «Die Nacktheit hat hier einen engen Bezug zum Produkt, nämlich zu einem fitnessgestählten Körper.» Unlauter und zu beanstanden wäre laut Custer, wenn der nackte Körper keinen Bezug zum Produkt hätte. «Das gleiche Sujet auf einem Werbeplakat für Blöterliwasser wäre natürlich etwas anderes, da wäre der Bezug zum Produkt nicht so einfach gegeben», erklärt Custer.
Doch auch ohne eindeutigen Bezug zum Produkt: Weltweit geht der Trend in Richtung Verbot, wie das Beispiel Englands zeigt. Nachdem Londons Bürgermeister Sadiq Khan ein Plakat mit einer spärlich bekleideten Frau und dem Claim «Ist Ihr Körper parat für den Strand?» in U-Bahn-Haltestellen verbieten liess, kümmert sich ein Regierungskomitee und die britische Werbeaufsichtsbehörde Advertising Standards Authority um verbindliche Regeln für Werbung. In Deutschland gibt es solche Verbote auf Bezirksebene, beispielsweise in Berlin-Charlottenburg.
«Und die Schweiz hinkt beim Verbieten von sexistischer Werbung hinterher!», ärgert sich SP-Nationalrätin Yvonne Feri (51, AG). Die Lauterkeitskommission verfüge über «viel zu wenig Kompetenzen», sagt die Sozialdemokratin. Sie ist überzeugt: Zürich hat das Plakat zu Recht verboten – nackt gehe man schliesslich nicht trainieren. «Ich werde die Idee einer Sexismuskommission oder Ähnliches ins Parlament tragen.»