Mutmasslicher Bombenattentäter steht heute in Bellinzona vor Gericht
Splitterhandgranate kam im Postpäckli

Es hätte vier Tote und acht Verletzte geben können. Doch die Paketbombe ging nicht hoch. Jeton L. (41) wird nun mehrfacher versuchter Mord vorgeworfen.
Publiziert: 16.08.2017 um 09:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 12:01 Uhr
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14 Jahre suchte die Bundespolizei nach dem Bombenattentäter. Durch Zufall ging ihr 2016 Jeton L. ins Netz.
Foto: ZVG
Myrte Müller

Es ist der 27. September 2002.  Ein unscheinbares, etwa 2,7 Kilo schweres Päckchen wird vom Pöstler an der Zürcher Redaktion der albanisch-kosovarischen Zeitung «Bota Sot» abgegeben. Es ist an Xhevdet Mazrekaj adressiert. «Vertraulich» steht darauf. Absender ist ein Weinhändler aus Adliswil ZH.

Ein guter Tropfen, denkt noch der Herausgeber der Zeitung. Doch als er im Kreise seiner Familie Zuhause in Küsnacht ZH vorsichtig die Sendung öffnet, ist im Päckchen nicht nur eine Flasche Wein.

Unter einer Kartonvorrichtung steckt eine braun-grüne Splitterhandgranate russischer Herkunft. Der Zündmechanismus blockiert. Das Päckli geht nicht hoch. Der Bombenanschlag misslingt. Zwölf Menschen, die in der Nähe der Paketbombe standen, kommen mit dem Schock davon. Die Polizei sichert den Sprengkörper.

Kommissar Zufall verhilft zur Verhaftung

Über 14 Jahre tappen die Ermittler im Dunkeln. Der Attentäter bleibt unerkannt. Bis Kommissar Zufall vor einem Jahr hilft. Bei einer Schlägerei 2016 in einem Tanzlokal in Zürich-Oerlikon taucht die DNA von Jeton L. (41) auf. Der Abgleich mit der genetischen Spur an der Handgranate zeigt: Der ehemalige Wirt des Kaffeestübli in Schlieren ZH hatte am 26. September das Todes-Paket geschnürt und von Zürich-Oerlikon aus ganz normal mit der Post verschickt. 

So soll laut Staatsanwaltschaft die Bombe aufgebaut gewesen sein.

Der Mazedonier wandert in U-Haft. Es folgen am 31. Januar die Sicherheitshaft, schliesslich der vorzeitige Strafvollzug. Mehrere Monate sitzt Jeton L. im Regionalgefängnis Bern. Ende Mai wird er ins Flughafengefängnis Zürich überwiesen. Heute hockt der mutmassliche Bombenattentäter im Bundesstrafgericht in Bellinzona TI und wartet auf seinen Prozessbeginn. 

Handgranate ist ein Geschenk aus Mazedonien

Der ist um 10.30 Uhr. Wie Jeton L. an die Waffe kam, wie der gelernte Elektroingenieur die Paketbombe bastelte und verpackte, kann die Bundesanwaltschaft rekonstruieren.

So habe Jeton L. im Juni 2001, nach einem mehrmonatigen Einsatz bei der UCK (Befreiungsarmee des Kosovo) in Mazedonien, eine voll funktionstüchtige Splitterhandgranate des Typs FI als Geschenk erhalten. Das ist der Anklageschrift zu entnehmen.

Das Motiv des versuchten Anschlags ist noch unklar

Er habe die Waffe mit dem Auto über die Grenze in Chiasso TI in die Schweiz geschleust und anschliessend in der Vitrine im Wohnzimmer ausgestellt.

Der Paketbombenangriff von Jeton T. richtete sich gegen den Chefredaktor der kosovo-albanischen Zeitung «Bota Sot», die von Zürich aus verbreitet wird.
Foto: Keystone

Bei der Migros habe Jeton L. ein Holzbrettchen mit drei Schlüsselhaken gekauft. Dann habe er die Handgranate mit Alufolie und doppelseitigen Klebeband umwickelt und in ein PostPac der Grösse 0 platziert. Ein Drahtstück habe er mit dem Abzug der Granate und der Deckelinnenseite verbunden. So dass die Bombe beim üblichen Offnen von oben zünden konnte. 

Mit im Gerichtssaal sind auch die Privatkläger, darunter Adressat des Todespäckchens, Xhevdet Mazrekaj. Wie sein Leben beendet werden sollte, weiss der Journalist. Warum aber, wird wohl erst die Verhandlung klären. 

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