Mundart im Kindergarten
Ausländer freuen sich über Hochdeutsch-Verbot

Seit knapp zwei Jahren gilt in Zürcher Kindergärten Mundart-Pflicht. Dies freut nicht nur Konservative, sondern auch ausländische Eltern.
Publiziert: 02.06.2014 um 19:40 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:05 Uhr
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Brigitte Fleuti und ihre Klasse im Kindergarten in Langnau am Albis.
Foto: PHILIPPE ROSSIER
Von Lea Hartmann

«Chaugummi» oder «Chätschgummi»? Die Klass ist sich uneins. Nachdem die Kindergärtnerin Brigitte Fleuti im Lied «De Töff vom Polizist» von einem «Chaugummi» sang, mit dem ein Loch im Pneu geflickt werden kann, interveniert ein Bub und streckt die Hand auf. «Sie, Frau Fleuti, das heisst nicht ‹Chaugummi›, sondern ‹Chätschgummi›!» Einige Kinder im Kreis nicken bestätigend.

Seit August 2012 sprechen Lehrerin und Kinder im Kindergarten in Langnau am Albis grundsätzlich Schweizerdeutsch – wie im gesamten Kanton Zürich und nach der Annahme einer entsprechenden Initiative bald auch im Aargau. Dies führt ab und zu zu Diskussionen, auch heute.

Diese Diskussionen führt Brigitte Fleuti, Kindergärtnerin und Präsidentin des Zürcher Kindergarten-Verbands, gerne. «Mir ist es wichtig, den Kindern Mundart näher zu bringen.

«Schweizerdeutsch ist die Grundlage für Integration»

20 Kinder aus acht Nationen gehen bei ihr in den Unterricht. Sie kommen aus der Schweiz, Albanien, Spanien, Brasilien, Tschetschenien, Deutschland, Italien und Russland. «Für sie alle ist Schweizerdeutsch die Grundlage für eine gute Integration in die Gesellschaft», sagt Fleuti, die seit 30 Jahren Kindergärtnerin ist. Sie spricht von der Mundart als «Herzens- und Beziehungssprache», die gerade für kleine Kinder zentral sei.

Dasselbe Argument, welches das Initiativkomitee bestehend aus Kindergärtnerinnen und Lehrer im Wahlkampf vor der Jahren geltend gemacht hat. Die Mundart-Initiative war umstritten, wurde jedoch schliesslich von 54 Prozent der Stimmenden angenommen. «Zum Glück», meint Fleuti. «Der Druck gewisser Eltern, dass ihr Kind am Schluss der Kindergartenzeit perfekt Hochdeutsch reden muss, ist gewichen.»

Insbesondere ausländische Eltern würden ausserdem profitieren. «Viele betonen mir gegenüber, wie sehr sie es schätzen, dass ihr Kind im Kindergarten Schweizerdeutsch lernt», sagt Fleuti.

Ausländische Eltern schätzen Mundart-Pflicht

Zu ihnen gehört auch die Mutter der fünfjährigen Valerie. «Ich finde es extrem wichtig, dass mein Kind im Kindergarten Mundart lernt», sagt die Deutsche. «Für die Integration ist das sehr hilfreich.» Im Gegensatz zu ihrer Tochter komme sie sich «blöd» vor, wenn sie Schweizerdeutsch spreche. «Versuche ich es dennoch, muss meine Tochter jeweils furchtbar lachen.» Sie korrigiere sie dann, vor allem bei der Aussprache.

Im himmelblauen Anbau im Dorfzentrum von Langnau am Albis konnte das Kaugummi-Problem mittlerweile gelöst werden. «‹Chaugummi› oder ‹Chätschgummi› – ihr könnt beides sagen», klärt Fleuti die Kinder auf. Eine Frage bleibt jedoch noch immer unbeantwortet: Lässt sich der Pneu des Polizeitöffs, den die Klasse besingt, wirklich mit dem rosa Schleckzeug abdichten?

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